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Erwachsenenbildung in ihrer ganzen Vielfalt

Anne Wellmann wurde gestern zur stellvertretenden Leiterin der Volkshochschule ernannt

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Das mit dem »Wirkungskreis« hat Anne Wellmann wörtlich genommen: Kurz vor dem Abitur steckte die Hamburgerin einen Radius von 300 Kilometern um ihre Heimatstadt ab - Bielefeld war dabei. Seit gestern wirkt die 52-Jährige in einem großen Kreis: als stellvertretende Leiterin der Volkshochschule.

Nicht erst seit Anne Wellmann am Mittwochmorgen die Ernennungsurkunde aus den Händen des Bielefelder Kulturdezernenten Rainer Ludwig in Empfang nahm, lässt sie möglichst viele Menschen an ihrem Wissensschatz teilhaben. »Ich wollte zunächst Hauptschüler unterrichten, bin dann jedoch in die Erwachsenenbildung gegangen, weil ich auf diesem Feld größere Vielfalt sah«, erzählt Anne Wellmann.
Schon als Schülerin hatte sie die Nase in den Wind gehalten und in einem Kibbuz gearbeitet. »Wenn andere Kulturen ins Spiel kamen, war ich stets Feuer und Flamme.« Zwischen den Ostwestfalen und den Hamburgern - »verwandten, bodenständigen Charakteren« - mögen diese kulturellen Unterschiede marginal sein, aber die Bielefelds Pädagogische Hochschule bot Anne Wellmann nun mal den heißersehnten Studienplatz, und eine Studentenbude fand sie hier auch.
Ganz neue Erfahrungen sammelte sie bei der Berufsfelderkundung in einer Tischlerei, in der handwerkliches Geschick neben die Kopfarbeit trat. Referendariat und Zweite Staatsprüfung führten sie nach Detmold, also in die Kultur der Lipper, aber die Erwachsenenbildung rückte jetzt doch an erster Stelle: Parallel zum Aufbaustudium in Bremen betätigte Anne Wellmann seit 1980 als Kursleiterin an der Volkshochschule Bielefeld - ihr Wirkungskreis begann sich zu runden.
»So wie ich Anne Wellmann jetzt dem Oberbürgermeister als Kandidatin für das Amt der stellvertretenden VHS-Leiterin vorschlug, habe ich 1983 für ihre Einstellung als Weiterbildungslehrerin votiert«, sagt VHS-Chef Dirk Ukena. »Sie verfügt nicht nur über pädagogische Fähigkeiten, sondern kann auch organisieren.« So wurde Anne Wellmann 1987 Hauptamtliche Pädagogische Mitarbeiterin, zuständig zunächst für den Bereich »Nachträgliche Schulabschlüsse«, den sie ab 1993 leitete, und 2004 für »Kultur, Kunst und Gestalten«.
»Dieser ganze Fachbereich ist mein Hobby«, erklärt Anne Wellmann, die ebenso gerne ins Kino geht wie ins Theater, die sich kaum eine Ausstellung entgehen lässt und Italiens Esskultur schätzt - dies »mehr genießend als kochend«. Ihr Ehemann Horst, den sie während einer Zugfahrt zum Berliner »Festival der Jugend« kennen- und lieben lernte, gibt den Maître de Cuisine, »ich verrichte Hilfstätigkeiten.« Und sonst? »Sonst bin ich eine begeisterte Radlerin und Wintersportlerin - die auch stricken kann.«
Anne Wellmanns Tochter befindet sich derzeit im Abiturstress, hat aber noch keinen Zirkel in die Landkarte gepiekst, um ihre Kreise abzustecken. Ukena ist derweil froh, dass mit Anne Wellmanns Ernennung die VHS-Chefetage wieder komplett ist, nachdem zum 1. Januar Annette Stehr die Leitung der Verwaltung übernommen hatte. »Mit zwei Frauen zusammenzuarbeiten, schreckt mich nicht«, versichert Ukena und verweist augenzwinkernd auf nur noch zweieinhalb Jahre bis zur Pension . . .

Artikel vom 16.02.2006