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Gericht bestätigt
Baptisten-Urteil

Geldstrafe nach Hausfriedensbruch

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Sie leben für ihren Glauben und sind in ihrer Weltanschauung unbeirrbar. Für das Seelenheil ihrer Kinder nehmen Baptisten irdische Strafen in Kauf.
Baptisten-Protest vor dem Paderborner Gerichtsgebäude. Foto: Hubertus Hartmann

Wegen Hausfriedensbruchs hatte das Paderborner Amtsgericht im November sechs Mütter im Alter von 38 bis 49 Jahren zu Geldstrafen zwischen 125 und 250 Euro (je 25 Tagessätze) verurteilt. Dagegen legten sowohl die Angeklagten als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Doch das Landgericht bestätigte gestern das erstinstanzliche Urteil.
Im Juni vergangenen Jahres waren die Frauen geschlossen in der katholischen Liborius-Grundschule Salzkotten aufmarschiert, hatten ihre neun- bis zehnjährigen Kinder aus dem Sexualkundeunterricht geholt und mit ihnen vor dem Klassenzimmer gebetet, bis die Stunde vorüber war, obwohl die Rektorin sie zum Verlassen des Gebäudes aufgefordert hatte. Ihre Kinder seien zur Reinheit erzogen und könnten derartige unzüchtige Darstellungen psychisch nicht verkraften, argumentieren die Mütter.
Ihre Anwälte sehen in dem Unterrichtsboykott eine Notwehrhandlung und plädierten auf Freispruch.
Vor ihren Glaubensgrundsätzen und dem Einsatz für ihre Kinder habe er hohe Achtung, betonte Oberstaatsanwalt Hans-Peter Dietzmann. Gleichwohl sei der Tatbestand des Hausfriedensbruchs mit unserem gültigen Rechtssystem nicht in Einklang zu bringen. »Sie hätten das Verwaltungsgericht anrufen können, durften ihr Recht aber nicht in die eigenen Hände nehmen.« Dietzmann kritisierte den Versuch der Anwälte, die Angeklagten als Opfer der Gesellschaft hinzustellen: »Sie haben es sich schließlich selbst ausgesucht, hier und in dieser Gesellschaft zu leben.«

Artikel vom 16.02.2006