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Festlicher Glanz mit
Pauken und Trompeten

Drittes Saisonkonzert der Reihe »Wiener Klassik«

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Wie, schon Schluss? Als Heribert Beissel um kurz nach halb zehn den Taktstock senkte, war das offizielle Programm des dritten Saisonkonzerts der Reihe »Wiener Klassik« zwar beendet, gleichwohl ließen es sich der rührige Orchesterchef und die Klassische Philharmonie Bonn nicht nehmen, das Publikum in der gut besuchten Oetkerhalle mit einer längeren Zugabe zu beglücken.

Nach dem Motto, wer zahlt, soll auch was fürs Geld kriegen, servierten Beissel und sein Talenteorchester noch ein echtes Naturschmankerl: Die »Szene am Bach« aus Beethovens 6. Sinfonie (Pastorale) mit verheißungsvollem Vogelgezwitscher und Kuckuckrufen inklusive
Frühlingsboten im weitesten Sinne oder zumindest Gourmandisen der leichteren Art wurden über den Konzertabend vom Orchester perfekt dargereicht. Allen voran die als »Kleine Nachtmusik« in die Musikgeschichte eingegangene Serenade Nr. 13 von Geburtstagskind Wolferl, dessen Werke naturgemäß nicht nur im Jubiläumsjahr von dem Wiener-Klassik-Orchester hochgehalten werden.
In fein durchzeichneter Klangsinnlichkeit und Transparenz fächerten die Gäste den Viersätzer auf: Mit dynamisch inspirierter Verve und feingliedriger Verspieltheit in den Ecksätzen sowie mit lyrischer (Romanze) und tänzelnder (Menuetto-)Akzentsetzung in der Mitte. So poetisch und präzise lässt man sich diese Ständchen gern gefallen.
Sieben Walzer aus Johannes Brahms Liebesliedern kamen elektrisierend leidenschaftlich und farbklanglich satt daher. Differenziert ließ Beissel die unterschiedlichen Charaktere und Stimmungen herausarbeiten: von romantischem Sentiment über leidenschaftliche Glut, beschwipsten Taumel, melancholische Anklänge bis hin zum feurigen Kehraus.
Christoph Seybold schließlich glänzte als Solist von Ludwig van Beethovens Violinromanzen (op. 40 und 50) mit weihevoller Noblesse und virtuoser Ausschmückung. Neben dem gebotenen Einfühlungsvermögen schmückte der junge Violinvirtuose sein Spiel mit vielfältigen farblichen Schattierungen und einem betörenden vibratoreichem Ton. In der Zugabe ließ Seybold durchblicken, dass er neben der Pflicht auch die Kür (Adagio aus Sonate Nr. 1 von Johann Sebastian Bach) beherrscht.
Festlichen Glanz mit Pauken und Trompeten brachte Joseph Haydns Sinfonie Nr. 82. Wegen des Finales mit Orgelpunkt und Dudelsack-Quinten trägt sie den Beinamen »Der Bär«. Spannungsvoll und mit schönem Bewegungsimpetus brachte die Klassische Philharmonie Bonn das Vivace zu Gehör, wechselte in Allegretto und Menuetto zu tänzelnder Leichtigkeit und pointiert rhythmischer Impulskraft, um im finalen Vivace mit lustvollem »Affetto« zu glänzen. Grandios!

Artikel vom 16.02.2006