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»Schöner als zwei WM-Titel«

Rodeln: Florschütz und Wustlich holen die Silbermedaille im Doppelsitzer

Turin (dpa). André Florschütz und Torsten Wustlich sind bei Olympia für die Doppelsitzer-Favoriten Patric Leitner/Alexander Resch in die Bresche gesprungen: Mit Silber holten sie zum Abschluss der Rodel-Wettbewerbe das vierte Edelmetall für die deutschen Kufen-Asse und fielen sich nach ihrer Fahrt auf den zweiten Platz begeistert um den Hals.
Enttäuscht auf Rang sechs: die Favoriten Leitner/Resch.
Das Duo aus Friedrichsroda und Oberwiesenthal musste gestern auf dem Hochgeschwindigkeitskurs von Cesana nur dem Bruderpaar Andreas und Wolfgang Linger den Vortritt lassen, das das erste Doppel-Gold für Österreich seit der olympischen Rodel-Premiere 1964 eroberte. Dritte wurden die Südtiroler Gerhard Plankensteiner/ Oswald Haselrieder. Für Leitner/Resch blieb vier Jahre nach ihrem Olympia-Gold in Salt Lake City nur der enttäuschende sechste Platz.
»Das ist alles unbeschreiblich, schöner als die beiden WM-Titel. Denn in vier Jahren fahre ich bestimmt nicht mehr. Im ersten Lauf ist vieles daneben gegangen, aber jetzt sind wir überglücklich«, jubelte der 29-jährige Florschütz, der mit seinem gleichaltrigen Partner trotz einer mäßigen Fahrt schon im ersten Lauf mit Zwischenrang drei Kurs auf eine Medaille genommen hatte.
Für seinen Untermann Wustlich war Silber einfach »affengeil, denn das gibt's ja nur alle vier Jahre«. »Jetzt können wir zum gemütlichen Teil übergehen«, versprach er eine rauschende Siegesfeier.
Ganz schlecht lief es für Leitner/Resch, die sich nach zwei völlig verpatzten Läufen gegenseitig trösteten: Der »Bayern-Express«, der den Winter mit dem Gewinn des Gesamt-Weltcups sowie des EM-Titels dominiert hatte, kam nicht in Fahrt. Der Berchtesgadener Leitner klagte über das zu kalte Eis und Reif in der Bahn: »Unter diesen Verhältnissen hatten wir keine Chance. Da haben wir ja bei Vereinsmeisterschaften bessere Bedingungen.« Zudem vergab der Steuermann im ersten Durchgang Zeit, als er bei rasender Fahrt mit den Füßen das Eis touchierte. »Vielleicht hatten wir Pech mit der Startnummer. Jetzt können wir nur noch angreifen«, hatte er als Devise für den zweiten Durchgang ausgegeben. Doch es half nichts.
Derweil versöhnten sich die Linger-Brüder mit ihrem überraschenden Olympiasieg mit der bis dahin ungeliebten Bahn. Bei der Sturzserie während der vorolympischen Rennen vor einem Jahr hatte sich Wolfgang Linger einen komplizierten Knöchel- und Wadenbeinbruch zugezogen. Mit starken Trainingsleistungen hatten die Österreicher allerdings schon im Training angedeutet, dass sie den anspruchsvollen Kurs diesmal besser im Griff hatten.
Ebenso wie Leitner/Resch erwischte es die favorisierten Italiener Christian Oberstolz und Patrick Gruber, die im ersten Durchgang alle Chancen auf eine Top-Platzierung einbüßten. Die zweimaligen Weltmeister Florschütz/Wustlich, die Olympia vor vier Jahren knapp verpasst hatten, waren mit Verspätung in die Saison gestartet. Nach Anlaufschwierigkeiten steigerte sich das Duo aber und siegte bei den letzten beiden Weltcup-Rennen. »Wir sind gut drauf und haben einen schnellen Schlitten«, sagte Florschütz.

Artikel vom 16.02.2006