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Wenn die Elternberatung klingelt

Müttern Mut machen und mulmige Gefühle zerstreuen - Gelegenheit zum Austausch

Gütersloh (gpr). Für Barbara Fingberg gibt es keine bessere Aufgabe. Sie liebt ihren Beruf. Als Kinderkrankenschwester ist sie bei der Elternberatung der Stadt Gütersloh in der Daltropstraße 7 tätig und berät junge Eltern sowohl in der Daltropstraße als auch in verschiedenen Außenstellen und bei Hausbesuchen. Letztere werden nicht angekündigt.

Zwar haben die jungen Eltern ein Anschreiben der Stadt erhalten, in dem sie über einen Besuch der Elternberatung informiert werden, aber ein Termin wird nicht genannt. Katrin Hellwig, die mit ihrem acht Wochen alten Sohn Max an die Haustür eilt, bittet die Kinderkrankenschwester freundlich herein. Von Barbara Finberg erfährt sie, dass sie bei Fragen rund ums Stillen oder bei Schwierigkeiten mit dem Tag-Nacht-Rhythmus die Beratung der Stadt kostenlos in Anspruch nehmen kann: Entweder, indem sie zu der Sprechstunde in die Daltropstraße kommt, oder indem sie mit Barbara Fingberg weitere Hausbesuche vereinbart.
Nachdem Barbara Fingberg das Informationsblatt über die Elternberatungsstelle sowie die Elternmappe überreicht hat, gibt es Gelegenheit zum Austausch. Zum Beispiel darüber, dass man das Kind nicht erst auf dem Arm einschlafen lassen sollte. Denn der Wechsel ins Kinderbett führt aufgrund der Umlagerung fast immer dazu, dass das Kind wieder aufwacht. »Möchte man, dass das Kind in seinem Bettchen schläft, sollte es wach hineingelegt werden«, lautet der Tipp von Barbara Fingberg.
Nach dem Wohl des Kindes zu schauen, ist der Sinn dieser Hausbesuche. »Diesen Service leistet sich die Stadt aus gutem Grund«, erläutert Heinz Haddenhorst, Leiter des Fachbereichs Jugend. Die Beratung und Fürsorge im Rahmen eines Frühwarnsystems helfe dabei, Schlimmeres abzuwenden. 40 000 Euro koste eine Heimunterbringung pro Jahr, das sei in etwa so viel wie eine Personalstelle. Die Elternberatungsstelle habe im vergangenen Jahr allein 2600 Beratungsgespräche in der Familie und in der Daltropstraße durchgeführt.
Einige Familien werden bis zu drei Jahren von der Elternberatungsstelle begleitet. Unterstützt wird Barbara Fingberg dabei von ihren Kolleginnen Ursula Göbel und Gerlinde Krümpelmann. Bei ihren Besuchen achtet Barbara Fingberg auf bestimmte Anzeichen. Nach einer Fortbildung in München ist sie noch stärker als zuvor dafür sensibilisiert, wann ein Kontakt zwischen Mutter und Kind nicht stimmt, die psychosoziale Bindung gefährdet scheint und das Wohl des Kindes in Gefahr ist.
Ein solches Frühwarnsystem in Form von Hausbesuchen durch geschulte Kinderkrankenschwestern gibt es außer in Gütersloh, wo dieses Verfahren seit Jahrzehnten etabliert ist, noch in München. Andere Städte überlegen derzeit, nach dem Vorbild von Gütersloh ähnliche Dienste einzurichten. In München wie in Gütersloh setzt man auf frühe Unterstützung und Hilfe. Viele Familien profitieren von dieser Unterstützung, vertrauen den Erfahrungen der Elternberatungsstelle. Und wenn Barbara Fingberg an der nächsten Haustür klingelt, freut sie sich schon auf das nächste Gespräch.

Artikel vom 08.02.2006