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Winterdienst:
Neue Regelung
ist ein Nachteil

Unternehmerin im Außenbezirk

Mit der neuen Winterdienstregelung befasst sich dieser Leserbrief. Die Verfasserin, die an der Plögereistraße lebt, beschreibt die Konsequenzen für Beruf und Familien in den Außenbezirken.

Wir sind äußerst unzufrieden mit der aktuellen Winterregelung in den Außenbezirken, davon sind wir nicht nur privat, sondern vor allem auch beruflich sehr beeinträchtigt. Die Plögereistraße zählt zu den Ortsteilen, die besonders von der Neuregelung betroffen sind. Hier schneit es schon oder noch, wenn in tiefer gelegenen Ortsteilen in Vlotho ein Wintereinbruch noch gar nicht wahrgenommen wird. Es kommt in diesem Ortsteil teilweise zu erheblichen Schneeverwehungen mit hohen Schneeansammlungen, die jedes Befahren der Strasse von PKW und LKW tagelang verhindern. Unsere Betriebsstätte und Wohngebäude sind dann von allen Seiten abgeschnitten, da ohne Winterdienst weder in Richtung Senkelteichstraße, noch Krückebergestraße oder gar Wiebesiekweg ein Durchkommen möglich ist.
Als ich mich 1998 entschloss, den Firmensitz meiner international tätigen Marketing-Agentur von Düsseldorf nach Vlotho zu verlegen, machte mein Großkunde, das Tourismusministerium von Québec, zur Bedingung, dass mit dem Umzug zum Standort Vlotho keine infrastrukturellen Nachteile verbunden sind. Das beinhaltete unter anderem die zuverlässige Gewährleistung der öffentlichen Versorgung und Verkehrsanbindung.
Mit der neuen Winterregelung ist dieser Standort allerdings sehr benachteiligt. Ich muss jederzeit bei Wintereinbruch damit rechnen, dass ich meinen beruflichen Aufgaben bei Schneefall und Glätte nicht mehr zur Genüge nachgehen kann und als Konsequenz sogar meine Aufträge verliere.
Bedingt durch meine Tätigkeit im Außendienst verreise ich geschäftlich teilweise mehrmals wöchentlich im Winter - d.h. in der Zeit, in der wir die meisten Aufträge abwickeln. Die Taxiunternehmen und Flughafentransferdienste haben mir mitgeteilt, dass sie nicht bereit sind, mich oder meine Kunden von meinem Wohn- und Firmensitz abzuholen, wenn wegen Verkehrsbehinderung durch Schneefälle und Glätte die Straße bei fehlender Winterräumung nicht mehr sicher befahrbar ist - auch diesen Firmen gehen dadurch Aufträge verloren.
Auch Service-Unternehmen können uns bei Schnee und Glätte nicht mehr erreichen. Weitere Dienste wie die Müllabfuhr, die Zustellung der Tageszeitung oder Botendienste werden bei nicht passierbarer Strasse tagelang eingestellt - ein Service, den wir zwar weiterhin zahlen müssen, aber dann nicht mehr erhalten.
Aber nicht nur beruflich, sondern auch privat sind wir im Winter sehr von der fehlenden Winterdienstwartung betroffen:
Unser fünfjähriger Sohn besucht eine heilpädagogische Tageseinrichtung und wird täglich von einem vom Kreis Herford finanzierten Fahrdienst abgeholt. Wir sind infolgedessen darauf angewiesen, dass der Fahrdienst unabhängig von den jeweils herrschenden Straßenverhältnissen einwandfrei funktioniert, zumal ein Platz in dieser speziellen Betreuungseinrichtung sehr teuer ist und das Kind regelmäßig therapiert werden muss.
Auch muss gerade bei einem kleinen Kind jederzeit ein ungehinderter Zugang zu ärztlicher Hilfe innerhalb kurzer Zeit sichergestellt sein. Sowohl mein Mann als auch ich sind berufstätig und müssen während der Betreuungszeiten des Kindes unserer Arbeit ordnungsgemäß nachgehen. Selbst wenn wir für die Tage, an denen das Kind mangels Straßenräumung nicht abgeholt werden kann, eine Kinderbetreuung engagieren würden, können wir diese Möglichkeit nicht in Betracht ziehen, da eine Betreuerin uns wegen nicht befahrbarer Straße gar nicht erreichen könnte.
In häuslicher Gemeinschaft lebt auch meine fast 80-jährige Schwiegermutter, die regelmäßige Arztbesuche und Therapien wahrnehmen muss. Im Pflegefall ist außerdem eine zuverlässige Versorgung unabhängig von den Witterungsbedingungen durch den Pflegedienst zu sichern.
Im Notfall ist ein schneller und reibungsloser Einsatz der Rettungsdienste (Feuerwehr, Notarzt, Rettungswagen) nicht mehr gewährleistet.
Wir haben sehr frühzeitig unsere Einwände der Stadt mitgeteilt, aber erhielten nur abweisende Antworten.
Der Vorschlag eines Mitarbeiters der Stadt, uns bei Schneeverwehungen und unpassierbarer Straße zu Fuß auf den über zwei Kilometer langen Weg zur nächsten geräumten Straße zu begeben, ist völlig unrealistisch und weder uns, noch unserem 5-jährigen Kind, einer fast 80-jährigen gesundheitlich labilen Seniorin, meinen Mitarbeitern und Geschäftskunden sowie allen Bewohnern und Besuchern zuzumuten.
Es wurde mir ebenfalls die völlig unpraktikable und absurde Lösung empfohlen, bei Wintereinbruch eine Behelfsunterkunft in der Stadt zu mieten und meinen Lebensmittelpunkt sowie die Arbeitsstätte vorübergehend in geräumte Bezirke zu verlegen.
Der Mitarbeiter der Stadt teilte uns mit, wir könnten nicht verlangen, dass die Kosten für den Winterdienst in den Außenbezirken dem Allgemeinwohl in Rechnung gestellt wird. Hierbei sei betont, dass wir mehrfach diverse Steuern und Gebühren entrichten und keine Rede davon sein kann, dass wir uns unrechtmäßig aus dem Topf der Allgemeinheit bedienen.
Wir sind gerne bereit, uns als Anlieger in einem verträglichen Rahmen an den Kosten des Winterdienstes zu beteiligen. Allerdings ist das Angebot der Stadt, unsere Straße im Außenbereich gegen einen Kostenaufwand von mehr als 1200 Euro zu räumen, nicht akzeptabel - zumal uns nur eine nachrangige Räumung zugesagt werden kann.
MARTINA
KLÖCKNER-SCHERFELD
32602 Vlotho

Artikel vom 04.02.2006