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»Bei Volkshochschulen nicht weiter kürzen!«

Offener Brief von Dr. Siegfried Kosubek zu Sparmaßnahmen des Landes in der Weiterbildung

Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Der Leiter der Volkshochschule Harsewinkel - Schloß Holte-Stukenbrock - Verl, Dr. Siegfried Kosubek, hat sich jetzt, angesichts drohender Kürzungen der Mittel für die Volkshochschulen im Landeshaushalt, mit einem offenen Brief an die Landesregierung gewandt. Kosubek ist auch Mitglied im Ausschuss für Weiterbildung des Landesverbandes der Volkshochschulen in NRW. Wörtlich schreibt Kosubek:

»Stellvertretend für unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer bitte ich Sie darum, in den anstehenden Haushaltsberatungen Anwalt derer zu sein, die auf die Bildungsmöglichkeiten in der Volkshochschule angewiesen sind und dabei ihre persönliche Ausgangslage oft entscheidend verbessern können.
Der Landeshaushalt 2006 sieht eine Kürzung der Förderung bei den Volkshochschulen vor. Um 20 Prozent gegenüber dem Förderanspruch des Jahres 2000 sollen die Finanzen des Landes gesenkt werden. In den Jahren 2004 und 2005 erfolgten bereits Kürzungen um 15 Prozent, so dass erneut 5 Prozent gekürzt werden, obwohl ursprünglich die 15-prozentige Kürzung zurückgenommen werden sollte.
»Dem Bereich der Weiterbildung kommt in Zukunft eine hohe Bedeutung zu«, so steht es im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien. Eine verlässliche Grundförderung des Landes solle gewährleistet sein, Bildung habe Priorität, was sich auch auf die Weiterbildung beziehe als »vierte Säule« des Bildungswesens.
Diese Ziele und Bekundungen stehen den beabsichtigten Kürzungen diametral entgegen. Die Kommunen sind gesetzlich zur Unterhaltung der Volkshochschulen sowie zur Bereitstellung eines Grundangebotes der Weiterbildung verpflichtet. Hier müsste eigentlich das Konnexitätsprinzip greifen, das in der Verfassung verankert ist (Finanzierungsgarantie für vom Land gewollte Maßnahmen).
Im Landeshaushalt 2006 stehen nur noch 96173900 Euro zur Verfügung. Das sind 20 Prozent weniger als im Basisjahr 2000 mit noch 120217400 Euro. Täglich wird uns aber vor Augen geführt, wie wichtig die Weiterbildung sei für das Erfordernis des lebenslangen Lernens in einer sich ständig wandelnden Wissensgesellschaft. Chancen sollen wahrgenommen, auf Bedarfe flexibel reagiert werden. Alle sollen sich weiterbilden, ob im Arbeitsprozess stehend oder Arbeit suchend.
Als Weiterbilder in den Volkshochschulen hören wir derartige Appelle mit Freude, stützen sie doch unsere Arbeitsphilosophie. Konsequent wäre es aber, wenn die Landesregierung dafür die entsprechenden finanziellen Ressourcen zur Verfügung stellen würde. Gleiches gilt für die Förderung der Schulabschlüsse, die wieder ihren Etat von mindesten 5 Millionen Euro haben müssten, obwohl 8 Millionen Euro erforderlich sind.
Die Finanzierungsanteile in unserem VHS-Zweckverband sind in 25 Jahren von 1980, als das Land noch einen Anteil von 53,2 Prozent unseres Haushaltes ausmachte, auf 23,3 Prozent in 2005 zurückgegangen, also um 30 Prozent. Im Jahre 1983 stellte das Land den Volkshochschulen noch 295 Millionen Mark zur Verfügung, 1998 waren es nur noch 216 Millionen Mark und 2005 nur noch 44 Millionen Euro!
Leidtragende einer solchen Entwicklung sind vor allem die Bürgerinnen und Bürger, die durch mögliche Programmkürzungen, Gebührenerhöhungen oder Personalreduzierungen betroffen sind. Als Volkshochschulen wollen wir uns auch weiterhin für eine flächendeckende Grundversorgung einsetzen, die teilnehmerorientiert ist, Wissen und Bildung verbessert und den Menschen Zukunftschancen eröffnet.
Sozialpolitisch engagieren wir uns seit Jahren in der Bildungsarbeit mit Ausländern und führen die sprachlichen Integrationsmaßnahmen für Spätaussiedler und Ausländer fort, beteiligen uns an der Offenen Ganztagsschule und am Bündnis für Familien.
In den vergangenen Jahren haben wir bereits als Volkshochschulen erhebliche Kürzungsvorgaben erfüllt, so dass auf weitere Kürzungen seitens des Landes verzichtet werden sollte mit Blick auf eine verlässliche Weiterbildungsperspektive.«

Artikel vom 04.02.2006