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Ein Einkaufs-
»Löwe« ohne
Einfluss?

Millionen-Forderung abgelehnt

Von Stefan Küppers
Enger/Herford (EA). Im Prozess vor dem Arbeitsgericht Herford über den Herausgabeanspruch der Firma Storck gegen ihren ehemaligen Einkaufsdirektor Dieter M. über 1,17 Millionen Euro ist am Freitag noch keine Entscheidung gefallen. Der Engeraner Dieter M. wehrt sich gegen den Anspruch mit dem Argument, er hätte eben nicht den letztlich entscheidenden Einfluss auf Lieferverträge gehabt.

Wie mehrfach berichtet, ist Dieter M. aus Enger im Jahr 2005 wegen gewerbsmäßiger Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr zu dreieinhalb Haft verurteilt worden, wobei das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Der 56-jährige befindet sich derzeit auf freiem Fuß.
Vor dem Arbeitsgericht Herford unter Vorsitz von Dr. Sabine Fischer erschien M. mit Rechtsbeistand Tobias Gall aus Berlin, der dritte Anwalt von M. in dieser Sache. Die Forderung von Storck vertraten Storck-Justitiar Dr. Bernd Rößler und Rechtsanwalt Dr. Tim Reher (Hamburg).
Dieter M. sagte während der ganzen Verhandlung nicht ein Wort. Stattdessen bemühte sich Rechtsanwalt Gall, seinen Mandanten als geläuterten Sünder darzustellen. Er sprach von »schamlosen Zahlungen«, von »unredlichem«, »schlimmem« und »pflichtwidrigem« Verhalten M.'s. Selbst die Intention von Storck, ein Zeichen gegen Korruption zu setzen, sei zu unterstützen. Aber, so Gall, die Herausgabeforderung sei nicht gerechtfertigt, weil Storck einen Schaden nicht darlegen könne. Den Schaden hätten die Schmiergeldzahler gehabt. Zwar habe M. als Direktor den Einkauf gesteuert, doch habe er in den in Rede stehenden Einzelentscheidungen keine konkrete Einflussmöglichkeit gehabt.
Diese Darstellung wies Storck-Vertreter Rößler auch mit Hinweis auf die Beweisaufnahme im Strafverfahren zurück, in dem Schmiergeldzahler von sehr hohem Einfluss des Einkaufsdirektors berichtet hatten. Er erinnerte daran, dass M. bei Lieferanten und auch im Betrieb als »Löwe« erlebt worden sei. Für Gall dagegen ist nur eine »Außenwahrnehmung«, die zur Anspruchsbegründung nicht ausreiche.
Die Richterin hingegen gab zu erkennen, dass bei einem tatsächlich großen Einfluss M.'s einiges für den Herausgabeanspruch von Storck spreche. Möglicherweise wird durch Zeugenbefragungen noch in die Beweisaufnahme eingetreten.
Gall betonte, dass sein Mandant »keinen Cent« mehr habe und sich in einer desaströsen Lage befinde. Dr. Rößler hingegen fragte: »Wo soll denn das ganze Geld geblieben sein?« Storck wolle das von M. Erlangte. Weiterhin warnte er M. vor Prozessbetrug, als dieser sich an bereits gerichtlich festgestellte Schmiergeldzahlungen nicht erinnern wollte. Einiges von dem Geld soll der frühere M., wie berichtet, in den Ausbau seines Wohnhauses gesteckt haben.

Artikel vom 04.02.2006