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Keine Schulgrenzen:
Klageflut befüchtet

Geplante Neuregelung stößt vielfach auf Skepsis

Herford (ram/pjs). Die Landesregierung hat die Aufhebung der Schulbezirksgrenzen für Grundschulen im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Leiterinnen und Leiter der Herforder Grundschulen stehen einer Neuregelung bislang allerdings eher skeptisch gegenüber.

Stabile Planungsgrößen gingen verloren, sollten die Schulbezirksgrenzen tatsächlich fallen, befürchtet Klaus-Dieter Szuszies, Leiter der Grundschule Altensenne. Schwankungen bei den Schülerzahlen würden auch Schwankungen beim Personalbestand bedeuten. »Ein gesichertes Arbeiten hat man mit den Schulbezirksgrenzen«, sagt Szuszies.
In der Praxis rechnet Szuszies damit, dass einige Eltern, die ihre Kinder jetzt auf die Grundschule Altensenne schicken, diese an der Grundschule Falkstraße anmelden werden, weil die näher liegt. Umgekehrt gebe es Anfragen von Eltern, denen das Schulprofil in Altensenne zusagt, die aber aufgrund der Schulbezirksgrenzen ihre Kinder zu anderen Schulen schicken müssen.
Walter Marten (Falkstraße) kann sich die Neuregelung »in Herford so nicht vorstellen«: »Wir bauen unsere Grundschulen mit hohen Kosten nach pädagogischen Erfordernissen für den offenen Ganztag um, und dann stehen vielleicht Räume leer, wenn die Schulbezirke aufgehoben werden? Das scheint mir nicht sinnvoll.«
Probleme befürchtet Martina Teske (Mindener Straße), falls deutsche Eltern ihre Kinder wegen des hohen Anteils ausländischer Schüler an einer anderen Schule anmeldeten: »Wir haben hier ein harmonisches Miteinander unter den Schülern. Schade, wenn durch die Neuregelung die Chance verbaut würde, das weiter zu entwickeln.«
Leerstände einerseits und die Notwendigkeit, andernorts Neubauten zu errichten, erwartet Manfred Hiltergerke (Elverdissen). Neue soziale Brennpunkte könnten entstehen. Für Eltern ist positiv, dass sie frei wählen könnten, aber wir müssten auch die Schülerbeförderung überdenken.« Insgesamt würde der Kampf der Schulen um den »Markt« stärker, ist Hiltergerke überzeugt.
»Man kann nicht einfach sagen, dass die Schulbezirksgrenzen wegfallen sollen, sondern man muss auch die Kriterien benennen, wie das Ganze von statten gehen soll«, sagt Elke Tölke (Stiftberg). Dass nicht immer der Wohnort der Eltern ausschlaggebend sein muss, wenn es um die Beschulung eines Kindes geht, macht die Schulleiterin an einem Beispiel deutlich. »Wenn beide Eltern berufstätig sind und sie nachweisen können, dass es für das Kind besser ist, unsere Schule zu besuchen, weil die Großeltern in unmittelbarer Nähe wohnen und sich um das Kind kümmern können, dann ist es sinnvoll, so zu verfahren.«
Reiner Schweppe, Leiter der Abteilung Schule bei der Stadt, bestätigt diese Praxis, die allerdings nicht die Regel sein sollte. Mit dem Wegfall der Schulbezirksgrenzen sieht der Verwaltungsbeamte ganz andere Probleme auf die Stadt zukommen. »Was passiert, wenn sich mehr Schüler an einer Schule anmelden wollen, als dies die Räumlichkeiten zulassen? Es wird zum Losverfahren kommen. Ich befürchte eine Klageflut, wenn Eltern ihr Kind nicht dort zur Schule schicken können, wo sie gerne möchten.« Auch werde die Klassengröße bis zum Maximum ausgeschöpft.

Artikel vom 04.02.2006