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Ärzte streiken und gehen auf die Straße

Gesundheitsnetz Delbrücker Land: knapp 20 Praxen bleiben am Mittwoch geschlossen

Von Silvia Scheideler
Delbrück/Hövelhof (WV). »Es brennt«, sind sich die Delbrücker und Hövelhofer Ärzte über die Situation des Gesundheitswesens einig. Deshalb streiken am Mittwoch, 8. Februar, die Mitarbeiter von knapp 20 Praxen in den beiden Kommunen. Statt Sprechstunden gibts dann eine Demonstration durch die Delbrücker Innenstadt.

»Bürokratie macht sich in unseren Praxen breit. Arbeitszeit, die uns für die Patienten fehlt«, beklagt Dr. Ulrich Behrens, der als Vorsitzender für das Gesundheitsnetz Delbrücker Land (GDL) spricht. Die Situation für Mediziner und Therapeuten sei nicht mehr tragbar. »Wir sollen ja sogar mit Honorarabzug bestraft werden, wenn wir den Satz an Tagestheraphiekosten überschreiten«, macht GDL-Mitglied Dr. Karl Böhm seinem Ärger Luft.
Lauthals wollen die Mediziner, Arzthelferinnen und Therapeuten jetzt auf ihre Misere aufmerksam machen. Mit Transparenten, Pfeifen und Plakaten werden sich die Demonstranten um 10 Uhr an der Stadtsparkasse am Informationsstand (9 bis 12 Uhr) versammeln. Gerechnet wird mit 100 Teilnehmern. Ganz besonders sind Patienten zur Demo eingeladen. »Denn schließlich gehen sie die Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen am meisten an«, so Dr. Ulrich Behrens. Vom Martinshorn eines Rettungswagens begleitet geht es durch die Lange Straße bis zum Kreisverkehr an der Oststraße und zurück zur Stadtsparkasse. Das Gesundheitsnetz Delbrücker Land, das unter seinen 42 Mitgliedern auch Ärzte aus Salzkotten hat, die bereits am 18. Januar gestreikt haben, möchte mit der Aktion Patienten informieren. »Kaum jemand weiß, wie wir bezahlt werden«, sagt der Delbrücker Arzt Werner Höing. Pro Patient und Quartal könne ein Allgemeinmediziner 35 bis 37 Euro abrechnen - mehr nicht, egal wie oft und auf welche Weise der Patient behandelt werden muss. »Hinzu kommt, dass wir auch nachts Bereitschaftsdienst haben und uns an Wochenenden alle Nase lang fortbilden müsen.«
Ihre Forderungen wollen die Mediziner mit Broschüren und persönlichen Gesprächen am Informationsstand Nachdruck verleihen. »Der Patient«, so Dr. Behrens, »ist unser Partner. Ihm muss unsere und somit seine Situation bewusst gemacht werden.« Und nicht zuletzt seien durch die momentane Gesundheitspolitik mit den Praxen auch viele Arbeitsplätze bedroht.
Die Mitglieder des Gesundheitsnetzes fordern unter anderem angemessene Arbeitsbedingungen für die Ärzteschaft in Deutschland. »Es gibt keine Reserven mehr, um irgendwo zu sparen, Sparmaßnahmen gehen nur noch zu Lasten des Patientenwohls«, erklärt der GDL-Vorsitzende Dr. Behrens. Eine transparente, kalkulierbare und leistungsbezogene Vergütung steht genauso wie die Abschaffung von Verordnungsbudgets und Regressandrohungen im Forderungskatalog. »Der bundesweite Streik am 18. Januar war keine Eintagsfliege, sondern der Auftakt und nicht das Ende der Protestaktionen«, sagt Dr. Ulrich Behrens. Am 8. Februar wird in Delbrück und in Hövelhof gestreikt und demonstriert, in Delbrück bleiben die Praxen auch am 15. und 22. Februar geschlossen. Wenn die Ärzte am 8., 15. und 22. Februar in den Streik treten, müssen sich Patienten nicht um ihre medizinische Versorgung sorgen. Es sind Notdienste eingerichtet, die unter der üblichen Notdienstnummer oder auch telefonisch beim Hausarzt zu erfragen sind.

Artikel vom 02.02.2006