02.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

In Springerstiefeln
durch die City

Polizei prüft Antrag


Von Stephan Rechlin
Gütersloh (WB). Fünf Tage nach Frühlingsanfang könnte in Gütersloh ein ganz heißer Tag werden. Dann will eine rechte Gruppierung namens »Kameradschaft Gütersloh« gegen den »linken Mainstream und für nationale Jugendzentren« in der Innenstadt demonstrieren.
Ihr Ziel ist die Weberei, vor allem die Jugendeinrichtung »Bauteil 5«. Dort ist die Heimat von »Cable Street« Gütersloh, einer Gruppe von Punks und Skins, die seit drei Jahren »antifaschistische Kulturarbeit« betreibt. Die Demonstration wurde von einem 26 Jahre alten Mann aus Verl beantragt. Gegen ihn ermittelt der Staatsschutz. Die Polizei weist darauf hin, dass sie verpflichtet ist, Versammlungen und Demonstrationen jeglicher Gruppierungen als Ausdruck der verfassungsrechtlich garantierten Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu ermöglichen, sofern diese friedlich und ohne Waffen stattfinden und dabei nicht gegen Gesetze oder Auflagen verstoßen wird.
Zur Zeit werde geprüft, ob die Anmeldung diesen Voraussetzungen entspricht. Zu den Prüfungen gehöre auch die Kontaktaufnahme mit den Verantwortlichen, um Zeit und Wegstrecke des Aufzuges und die Orte der Kundgebungen festzulegen, aber auch, um Klarheit über Teilnehmerzahl, Zweck und Ziel der Demonstration und die Art und Weise der geplanten Durchführung zu erlangen. Bei dieser Prüfung habe die Polizei Neutralität zu wahren. Allerdings könnten Auflagen erteilt, die ganze Veranstaltung auch verboten werden. Der Bielefelder Staatsschutz rechnet mit der Teilnahme von gut 200 Skinheads.
Auf ihrer Homepage zeichnet die »Gütersloher Kameradschaft« ein düsteres Bild der deutschen Jugend. Arbeitslosigkeit und Existenzängste übten einen Sog aus Drogen, Prostitution, Gewalt und Hoffnungslosigkeit aus. Als eine Ursache machen die »Kameraden« »den unmenschlichen Hass verhetzter Linksextremisten« aus. Auch in Gütersloh hätten sich in den vergangenen Jahren gewalttätige Linksextremisten und ausländische Verbrecherbanden eine Zone geschaffen, in der sie frei agieren könnten und das öffentliche Klima beherrschten. Die »Kameraden« fordern daher die Schaffung eines nationalen und sozialen Zentrums als Basis für eine verantwortungsvolle Jugend- und Sozialarbeit in Gütersloh.Wie solch eine Demonstration abläuft, konnten die Gütersloher im Juni vergangenen Jahres erleben. Damals zogen etwa zehn Jugendliche im Springerstiefeln und Bomberjacken vom Kolbeplatz über die Berliner Straße. Die meisten von ihnen waren mit dem Zug aus dem Ruhrgebiet und dem Rheinland gekommen. Sie brachten Fahnen mit, die der Reichskriegsflagge nachempfunden waren und Aufkleber der »Reichsbürgerbewegung«. Die Polizei stoppte den Demonstrationszug vor dem Berliner Platz. Am morgigen Freitag berät die »Cable Street« Gütersloh und das Antifaschistische Kreisplenum« ab 19.30 Uhr in der Weberei über Gegenmaßnahmen.

Artikel vom 02.02.2006