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Sport-
AspekteVon Stephan Arend

Boris Beckers schweres Erbe

Als Boris Becker 1997 das erste Mal den Haller Rasen betrat, blühte vor dem Gerry Weber Stadion der Schwarzmarkt. »Ausverkauft«, war an den Kassenhäuschen zu lesen. Die Fans hielten Schilder mit der Aufschrift »Suche Tickets!« in die Luft.
Anders als bei anderen Turnieren stimmen bei den Gerry Weber Open auch heute noch die Zuschauerzahlen und Sendeminuten im Fernsehen die Macher und Sponsoren gleichermaßen zufrieden. Für ein restlos ausverkauftes »Haus« sorgte allerdings nach Boris Becker kein Spieler mehr. Und auch nach seiner aktiven Zeit füllt der deutsche Nationalheld noch regelmäßig das Gerry Weber Stadion. Vor dem ersten Aufschlag des ATP-Turniers lässt er zusammen mit den Konkurrenten von einst bei einer Showveranstaltung die guten alten Zeiten noch einmal aufleben.
Becker, Stich, Muster & Co. unterhalten das Publikum und locken mit ihrer Spielkunst, die (wie Kritiker bemerken) in etwa Regionalliga-Niveau entspricht, oft mehr Fans an als die aktuellen Stars.
Keine Frage: Es ist schön, dass ein Boris Becker dank seiner glanzvollen Karriere noch heute bei den deutschen Tennis-Fans Begeisterung auslöst. Doch die Wimbledon-Siege von einst dürfen der Zukunft des deutschen Tennis nicht im Wege stehen. Einen zweiten Becker wird es nicht geben. Aber genauso wie Federer und Safin im GWO-Finale 2005 zeigten und zeigen auch Boris Beckers Erben Weltklasse-Tennis.
Tommy Haas schmetterte sich von vielen fast unbemerkt immerhin schon auf Platz zwei der Weltrangliste. Und anders als Becker trug sich Nicolas Kiefer in die Siegerliste der Gerry Weber Open ein. Bei den Australian Open kämpfte sich Kiefer noch vergangene Woche ins Halbfinale. Auch Haas begeisterte nicht zuletzt bei seinem Fünf-Satz-Krimi gegen Federer.
Vom 10. bis 12. Februar fordern Haas, Kiefer und Lokalmatador Alexander Waske in der ersten Runde des Davis Cup-Wettbewerbs Frankreich heraus. Austragungsort ist das Gerry Weber Stadion. Deutschland hat sich seit Jahren wieder für die Weltgruppe qualifiziert und trifft auf einen attraktiven Gegner mit Jungsstars (Gasquet) und namhaften Routiniers (Grosjean). Beste Voraussetzungen für ein Tennisfest, das allemal (noch) viel mehr Zuschauer verdient hat als das zehnte Revival-Match von Becker gegen Stich. »Suche Tickets!«, »Ausverkauft« - schön wäre es, wenn diese mittlerweile verstaubten Schilder schon bald wieder zum Einsatz kommen würden.

Artikel vom 02.02.2006