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Hans-Jürgen Donath: Ein Gericht ist ein Zuschussbetrieb. Foto: Koch

Amtsgericht gab in 2005
8,5 Millionen Euro aus

Direktor Donath listet erstmals Kostenkatalog auf


Bielefeld (uko). »Ein Gericht ist ein reiner Zuschussbetrieb«, sagt Amtsgerichtsdirektor Hans-Jürgen Donath. Um genaue Zahlen zu ermitteln, hat Donath ausrechnen lassen, wieviel Geld pro Jahr am Amtsgericht Bielefeld ausgezahlt wird: Nach 6,6 Millionen Euro in 2004 wurden in 2005 insgesamt 8,5 Millionen Euro ausgegeben.
Prozesse kosten Geld und das wird auch am Amtsgericht Bielefeld spürbar. Anwälte kassieren den Löwenanteil mit 1,7 Millionen Euro (2004: 1,4 Millionen) - und zwar für Prozesskostenhilfe (PKH, vornehmlich in Familiensachen). Überdies erhalten die Rechtsanwälte für notwendige Pflichtverteidigungen weitere 612 000 Euro (2004: 326 000 Euro) aus der Landeskasse.
Zeugengebühren schlagen lediglich mit 223 000 Euro (2004: 201 000 Euro) zu Buche, während die Sachverständigen sich ihre Gutachten mit stattlichen 1,6 Millionen Euro (2004: 1,4 Millionen Euro) vergüten lassen. Für die Beratungshilfe des Amtsgerichts (im Vorfeld von Prozessen) wurden zudem weitere 408 000 Euro (2004: 209 000 Euro) ausgegeben.
Ein weiterer Ausgabenposten sind die Insolvenzverfahren: Allein die Grundvergütung der Insolvenzverwalter kostete im vergangenen Jahr 850 000 Euro (2004: 356 000 Euro). Die massive Erhöhung ist auf die Anhebung der Gebühren zurückzuführen. Gutachter in solchen Verfahren waren in 2005 mit 630 000 Euro (2004: 431 000 Euro) beteiligt.
Betreuungssachen reißen überdies ein großes Loch in die Landeskasse: Das Amtsgericht Bielefeld zahlte nur für Berufsbetreuer zwei Millionen Euro (2004: 1,75 Millionen Euro) aus. Privatpersonen, die zumeist ehrenamtlich Betreuungen übernehmen, kosteten dagegen nur 272 000 Euro (2004: 270 000 Euro).
»Das sind zu meinem Erstaunen ganz erhebliche Beträge«, kommentierte Hans-Jürgen Donath am Mittwoch das erstmals aufgestellte Zahlenwerk. Auf die Einwohnerzahl von Bielefeld (sogenannte »Gerichtseingesessene«) bezogen, kosten Prozesse und Ausgaben der freiwilligen Gerichtsbarkeit in ganz Nordrhein-Westfalen dann mindestens vier Milliarden Euro. Von »Perfektionsvorstellungen« müsse man angesichts von massiven Stelleneinsparungen jedoch Abstand nehmen, warnte der Amtsgerichtsdirektor.

Artikel vom 19.01.2006