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Von Burgit Hörttrich

Bielefelder
Optik


Mehr Rückgrat


Neue Schreckensbotschaften aus dem Rathaus: Der mühsam gestrickte Haushaltsplanentwurf ist nur noch Makulatur (Lokalseite Bielefeld 1). Und wieder tönt es, es dürfe »keine Tabus« geben. Jedenfalls so lange nicht, bis sich Widerstand formiert hat. Meistens mit politischer Unterstützung im Hintergrund.
Dann werden eigentlich als gut erkannte Sparvorschläge nicht oder nur halbherzig umgesetzt. Ein Teil der Kommunalpolitiker wartet sowieso immer erst ab, welchen Kurs die Vorleute einschlagen. Der gilt dann im Rat - in den Bezirken, an der Basis, klingt es häufig völlig anders.
Wie ein Reflex folgt einem Sparvorschlag gleich die Verteidigung von Bestehendem um jeden Preis. Das nennt sich dann Engagement, Einsatz für die (eigene) Klientel.
Andere lehnen sich zurück und tun schlicht gar nichts: Geld ist ja nicht da, warum also Einsatz zeigen?
Damals, in den vermeintlich goldenen Zeiten, als die Kommunen das Geld ohne schlechtes Gewissen ausgaben, ist nicht unbedingt Besseres herausgekommen als aus »kreativem Sparen«. Der Alltag der Menschen heute ist anders als noch vor 20, ja, vor zehn Jahren. Die Menschen sind anders als vor 20 oder zehn Jahren. Das, was sie bewegt, ist anders als vor 20 oder vor zehn Jahren. Darauf gilt es zu reagieren. Rezepte von vor 20 oder vor zehn Jahren sind dazu denkbar ungeeignet.
Gnadenlos den Rotstift anzusetzen, gilt nicht. Um etwas zu bewegen, muss investiert werden. Zumindest in Ideen.
Sonderwünsche werden schon lange nur noch wahr, weil Spender, Stifter und Sponsoren sich nicht lumpen lassen. Die Kommune darf nur nicht den Fehler machen, fest darauf zu bauen.
Wo der Staat (die Stadt) sich aus (freiwilligen) Aufgaben zurückgezogen hat, ist Neues erwachsen. Neues Engagement, neuer Einsatz, Besinnung, auf das, was wichtig ist und was nicht. Das, was nicht wichtig war, das fehlt letztendlich auch niemandem.
Und: Wer sich wählen lässt, muss auch Rückgrat beweisen - auch wenn das in Zeiten von Lobbyarbeit, Bürgerinitiativen, Protestanrufen, Demonstrationen nicht leicht ist. Aber: Die lautesten Schreier haben nicht immer Recht.

Artikel vom 07.01.2006