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Zum Fest der Erscheinung

Von Pfarrer Dr. Dr. Markus Jacobs


Für die meisten Zeitgenossen ist es überraschend, dass es überhaupt so etwas wie Erinnerungsgegenstände von den »Heiligen Drei Königen« geben soll. Faktum ist aber: Es gibt Ge-genstände, die als Reliquien jener Weisen aus dem Morgenland verehrt werden, die bei der Krippe Jesu vorbei kamen.
Und diese Erinnerungsgegenstände sind geschichtsmächtig bis heute! Sie sind sogar außerordentlich einflussreich. Mit Sicherheit ist in der letzten zwölf Monaten kein Ort von so viel Jugendlichen aufgesucht worden, wie der Dom in Köln beim Weltjugendtag. Und was war der Endpunkt des Weges all der jungen Christen in diesem Dom? Es war der Ort hinter dem Altar, wo in einem Schrein Reliquien der Heiligen Drei Könige verehrt werden.
Über eine ganze Woche riss der Strom der jungen Leute nie ab. Denn jeder dieser jugendlichen Besucher aus aller Welt kam auch als Pilger. Und neben dem frohen beschwingten Programm der vielen Treffen in Köln und Umgebung war jeder Teilnehmer zu einer schweigsamen Wall-fahrt eingeladen gewesen, um sich betend diesem Ort zu nähern.
Wie ein riesiger Lindwurm wälzte sich deshalb die Schlange von morgens bis abends an allen Tagen über mehrere Kilometer am Rhein entlang durch den Dom hindurch, am Schrein entlang und weiter zu den Plätzen, wo abschließend die Heilige Messe gefeiert wurde.
Sogar der ganze Weltjugendtag stand unter dem Motto der Heiligen Drei Könige: »Wir sind gekommen, um ihn anzubeten.« Denn Anbetung Gottes war das Anliegen der Sterndeuter - entsprechend dem Matthäusevangelium, Kapitel 2,2 -, das sie als Grund ihres Kommens nach Jerusalem und Bethlehem nennen. Und Hunderttausende Jugendliche sind in diesem Jahr ebenfalls gekommen, auch sie haben versucht, Anbetung Gottes etwas besser zu lernen.
Es gab fast keine Innenstadtkirche in Köln, Düsseldorf oder Bonn, in der nicht während der ganzen Woche täglich 24 Stunden lang die Möglichkeit zur schweigenden Anbetung gewesen wäre. Die jungen Leute aus verschiedensten geistlichen Gemeinschaften aus aller Welt stellten dies sicher, zigtausende Gäste kamen hinzu. Und auch auf dem Marienfeld, als Hunderttausende ohne irgendwelchen Schutz auf freiem Felde übernachteten, um am nächsten Morgen gemeinsam die Messe feiern zu können, war stundenlang schweigende Anbetung Gottes. Dort knieten unzählige von diesen Jugendlichen mit einer Isomatte unter den Knien auf dem Boden, von denen man sonst behauptet, dass sie oberflächlich leben würden.
Zurück zu den Erinnerungsstücken im Schrein: Kritische Fragen sind absolut berechtigt. Woher will denn jemand überhaupt wissen, wer das war, der da in Bethlehem vorbei kam?
In der Bibel werden doch weder Namen noch andere Identifizierungshilfen erwähnt. Weiter: Sie sollen aus fremden Ländern gekommen und dorthin auch zurück gekehrt sein. Wie will man denn später wieder an Gebeine oder andere Erinnerungsgegenstände herangekommen sein? Schließlich: Wie geschichtlich ist die ganze Erzählung in der Bibel überhaupt, wenn da Leute angeblich einem Stern nachgehen?
All diese Fragen sind berechtigt und sie sind nicht neu. Auf manche dieser Teilfragen gibt es Antworten, auf andere nicht. Dass kurz nach Jesu Tod noch mehr Erinnerungen bestanden, als uns auf die heutige Zeit schriftlich überkamen, sollten wir voraussetzen.
Irgendwann jedenfalls tauchten diese Erinnerungsgegenstände auf, wurden an verschiedensten Orten aufbewahrt und entwickelten eine beeindruckende Kraft. Und dies tun sie bis heute - auch wenn wir keine geschichtlich befriedigende Antwort geben können. Dass jedoch Gott auch mit Hilfe scheinbar so unbedeutender Gegenstände im Herzen der Menschen etwas bewirken kann, hat er im vergangenen Jahr gezeigt. Und dass diese Wirkung gut war, wird jeder bezeugen. Wir stehen als moderne Menschen verwundert vor dem, womit Gott bis heute sein Heil wirken kann.

Artikel vom 06.01.2006