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»Regsam und gut,
alles in Maßen«

Max Schuricht feiert seinen 100.

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Einen fleißigen und ehrgeizigen Handwerker kann keine Mauer stoppen: Max Schuricht, der morgen 100. Geburtstag feiert, flüchtete noch vor dem Bau des »antifaschistischen Schutzwalls« aus Sachsen nach Bielefeld - und baute hier erneut ein erfolgreiches Unternehmen auf.

Max Schuricht, der am 7. Januar 1905 in Zaschwitz bei Döbeln geboren wurde, ließ sich zum Heizungsbauer, Installateur, Klempner und Schlosser ausbilden. Im Alter von nur 23 Jahren gründete er einen eigenen Handwerksbetrieb mit Ladengeschäft für Haushaltswaren, und zwar in Frankenberg bei Chemnitz im Vorland des Erzgebirges, doch auch wenn er 26 Jahre lang als Innungsobermeister wirken konnte, so hatte der unangepasste Handwerker doch ständig Ärger mit den DDR-Behörden.
1959 reichte es Max Schuricht, und er floh mit seiner (inzwischen verstorbenen) Frau Hanna nach Bayern, was leider hieß, dass er alle Immobilien der Firma, den Lagerbestand und sein Privatvermögen dem Regime überlassen musste. Der alte Unternehmergeist aber hatte ihn nicht verlassen, zwei Jahre später kam Max Schuricht nach Bielefeld, um die Heizungs- und Sanitärfirma Rudolf Wittler zu übernehmen.
Hier an der Artur-Ladebeck-Straße fand der agile Handwerker schließlich seinen neuen Lebensmittelpunkt und baute eine erfolgreiche Firma auf. Die Geschäfte liefen so gut, dass Max Schuricht seine Verwandten im Osten, Brüder, Nichten und Neffen, bis zum Fall der Mauer großzügig unterstützen konnte.
Im Februar 1970 schließlich übertrug er die Firma und Wohngebäude an den Sanitär- und Heizungstechniker Paul Schwermer (67), der eigens aus Brilon an den Teuto übersiedelte, als er von den Verkaufsabsichten erfuhr, und das Unternehmen mit mittlerweile 25 Mitarbeitern zu neuen Höhen geführt hat. Inzwischen residiert die Schwermer-Haustechnik in größeren Gebäuden an der Artur-Ladebeck-Straße 50a, und Schwermers Kinder Guido und Petra führen das Geschäft.
Natürlich wird Paul Schwermer morgen zu den ersten Gratulanten gehören, wenn das Geburtstagskind zu Hause und im kleinen Kreise der Verwandten feiert. Die Beziehungen zwischen ihm und Max Schuricht sind vielfach verflochten. Nicht nur genießt der Senior, zu dessen Lieblingsbeschäftigung stets das Kegeln und ein gepflegter Skat zählte, lebenslanges Wohnrecht - Schwermer hat auch den Lastenausgleich an den Staat zurückgezahlt und Schurichts Frankenberger Immobilien übernommen und zu einer schmucken Wohn- und Ladenzeile ausgebaut. Max Schuricht wird seinen Ehrentag gemäß seinem Wahlspruch genießen: »Sei regsam und gut, mach alles in Maßen, dann bist du im Alter nicht allein und verlassen.«

Artikel vom 06.01.2006