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Eine schlichte
Szene von
Christi Geburt

Schildescher Altar vor Restaurierung

Von Elke Wemhöner
und Hans-Werner Büscher (Foto)
Schildesche (WB). Die Darstellung von der Geburt Christi findet der Betrachter der Schnitzaltars in der Stiftskirche auf dem Mittelteil. Von den drei Kassetten, die sich rechts von der Kreuzigungsszene befinden, ist es die Mittlere: Maria und Josef mit Kind. Bis Mitte Januar ist der Altar noch zu bewundern, dann wird er zur Restaurierung abgebaut (das WB berichtete).

Der Schildescher Altar ist eine kunsthistorische Rarität, die um 1500 entstanden ist. Seine Bedeutung kam erst Anfang des 19. Jahrhunderts in einer Schrift zum Ausdruck, die Leopold von Ledebuhr verfasste: »Das Fürstentum Minden und die Grafschaft Ravensberg in Beziehung auf Denkmäler der Geschichte, der Kunst und des Altertums«. Durch diese Publikation ist die Entstehungszeit bekannt; sie war vermutlich auf der damals noch vorhandenen Bekrönung des Altares zu lesen.
Die Schildescher Gemeinde kennt den gotischen Schnitzaltar aufgeklappt, also in ganzer Pracht. Dominierend ist die Kreuzigungsszene im Mittelteil, zu deren beiden Seiten jeweils drei Reihen mit je drei Schnitz-Kassetten angeordnet ist. Die Darstellungen links stellen Stationen aus dem Leben Johannes des Täufers dar. Auf der rechten Seite wird die Geschichte von Jesus erzählt.
Die jeweils neun Szenen sind allerdings in unterschiedlicher Reihenfolge angeordnet. Zwar beginnen beide »Erzählstränge« in der inneren Reihe ganz unten und ziehen sich vertikal nach oben, doch in den beiden folgenden Reihen unterschieden sie sich. In der Geschichte Jesu (rechter Flügel) geht es in einer Schlangenlinie weiter: die Reihe 2 »liest« sich von oben nach unten, während die dritte Reihe wieder von unten nach oben betrachtet wird.
Die Geschichte von Johannes geht in der zweiten Reihe (von innen nach außen gesehen) von unten weiter, springt oben dann in die 3. Reihe und endet unten links. Es gibt dazu Vermutungen, die unterschiedliche Reihenfolge sei gewollt so angelegt: der Lebensweg Christi müsse - im Gegensatz zu Johannes - nach oben zeigen.
Die Darstellung der Geburt ist ganz schlicht gehalten - wie dies seit Beginn des 15. Jahrhunderts üblich war. Maria kniet am Boden und betet das Kind an, das unbekleidet auf dem blauen Futter ihres Mantels liegt. Josef - ebenfalls kniend - ist etwas nach hinten versetzt. In der linken Hand, die vorgestreckt ist, hielt er ursprünglich wohl eine Kerze, die er mit der rechten vor Zugluft schützte. Die Ruine des Stalls von Bethlehem wird mit einfachen Mitteln gezeigt: die Rückwand soll Steinquader darstellen, ein Dach ist über Maria angedeutet.
Der Zustand des Schnitzaltars, dessen Flügel sich immer weiter verziehen, bedarf schnellstens der Restaurierung. Und wenn alles wie geplant klappt, wird die Gemeinde sich im Advent 2006 wieder an ihrem Schmuckstück erfreuen können.

Artikel vom 24.12.2005