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Den Lebensmut nie verloren

Heinz Dickmann wird 90 Jahre alt - Einsatz für Kehlkopflose

Bielefeld (-er). Die gesundheitlichen Nackenschläge hat Heinz Dickmann in bewundernswerter Weise weggesteckt. Sein fröhliches und lebensbejahendes Naturell hat zudem zahlreichen Menschen geholfen, seine positive Lebenseinstellung war Vorbild. Am 1. Weihnachtstag, dem 25. Dezember, vollendet er sein 90. Lebensjahr.

Wer Heinz Dickmann in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit kennen lernte, erlebte einen Mann, der trotz des krebsbedingten Kehlkopfverlustes den Lebensmut nicht verloren hatte. Er wurde 1984 operiert, ließ sich sehr bald als Reha-Helfer ausbilden und übernahm zwei Jahre später die Leitung der Kontaktstelle des Bundes der Kehlkopflosen in Bielefeld.
Im städtischen Krankenhaus stand er viele Jahre ebenfalls Betroffenen als Gesprächspartner zur Verfügung, vermittelte Informationen im Umgang mit dem Handicap und zog manchen aus einem psychischen Tief wieder heraus. Ärzte und Pflegepersonal schätzten ihn als ehrenamtlichen Fachmann. Für sein Engagement wurde Dickmann 1992 mit der Bundesverdienstmedaille ausgezeichnet.
Auch der Schlaganfall, der ihm 1998 widerfuhr, konnte die positive Lebenseinstellung von Heinz und Waltraud Dickmann nicht erschüttern. Beide sind ein eingespieltes Team, das den Alltag bestens bewältigt. Und Waltraud Dickmann ist natürlich durch jahrelange Übung im Zuhören und Verstehen gut geschult.
Heinz Dickmann wurde vor 90 Jahren zwar in Gütersloh geboren, wuchs aber ab dem 2. Lebensjahr an der Bielefelder Alsenstraße auf. Zwei Häuser weiter lebte ein prominenter Bielefelder, zu dem der kleine Heinz »Onkel Ladebeck« sagte. Es handelte sich um Artur Ladebeck, den späteren Bürgermeister.
Das mittlere von drei Kindern (eine ältere Schwester, ein jüngerer Bruder) entschied sich für den Beruf Koch. Nach der Lehrzeit in Essen kehrte er nach Bielefeld zurück, ließ sich noch als Kellner ausbilden und arbeitete dann in verschiedenen Häusern. Etwas Zeit blieb ihm für den Sport: Heinz Dickmann war begeisterter Boxer.
Durch die Kriegsereignisse verschlug es ihn nach Schwerin, wo er sich nach dem Krieg mit den Astoria Tanzsälen selbständig machte. Als die Besatzungsmacht die Möglichkeiten der Selbständigen immer mehr einschränkte, kam er 1956 nach Bielefeld zurück. Im Gesellschaftshaus am Klosterplatz war er der Chef-Saucier, im »Fuchsbau«, der Bierstube des Hotels Drei Kronen sorgte er für Deftiges. 1963 machte sich Dickmann, der 1948 die Prüfung als Küchenmeister abgelegt hatte, mit »Tinos Glöckchen« an der Meinolfstraße selbständig. Bis 1979 bekochte er dort die Gäste, während Ehefrau Waltraud hinter der Theke stand.
Sie war es auch, die nach seiner Erkrankung aktiv wurde und nach Informationen suchte. »Ich wollte doch wissen, was man beachten muss und worauf es ankommt.« Und sie stand und steht ihm zur Seite - sofern nötig. Und sie achtet auch darauf, dass er sich nicht überanstrengt Deshalb wird der runde Geburtstag auch in kleiner Runde gefeiert.
Geburtstag an Weihnachten - das war für den kleinen Jungen Heinz keine günstige Konstellation. Im Gegenteil: ein Teil der Geschenke wurde von den Eltern »einbehalten« und dann erst zum Geburtstag überreicht. So bekam er seine Mundharmonika eben einen Tag später.
Heute geht es Heinz Dickmann weniger um Geschenke, auch wenn er sich auf eine Feier freut. Sein großer Wunsch ist es, noch eine gute Zeit mit Ehefrau Waltraud verbringen zu dürfen. Gewiss werden die vier Söhne in der Heeper Straße gratulieren. Zur Familie gehören zudem neun Enkel, 22 Urenkel und ein Ururenkelkinder - aber ein Treffen mit allen Familienmitgliedern wäre dem Jubilar doch zu anstrengend.

Artikel vom 24.12.2005