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Warum Pilcher nicht
immer nur Pilcher ist

Aufwändiger »Zauber der Liebe« am Sonntagabend

Von Juliane Nitzke
ZDF, 20.15 Uhr: Wer an diesem ersten Weihnachtsfeiertag den »Zauber der Liebe« einschaltet, wird sich über die Qualität von Film und Darstellern wundern. Pilcher ist nicht mehr immer gleich Pilcher.

Denn die Kurzgeschichte »Summer Solstice« der britischen Bestsellerautorin Rosamunde Pilcher wurde von der Produktionsfirma Tele München in den schottischen Highlands sehr viel aufwändiger und dank diverser ausländischer Co-Produzenten wesentlich teurer in Szene gesetzt als die sonstigen Pilcher-Verfilmungen im Zweiten.
Tele-München-Chef Herbert Kloiber hat sich, wie er behauptet, vor zwölf Jahren »sofort mit den Romanen der Rosamunde Pilcher angefreundet« und 1993 ihr Werk »September« mit englischen, französischen und italienischen Kollegen in Szene gesetzt. Während die mit deutschem Team und Darstellern fürs ZDF verfilmten Pilcher-Storys nicht mehr als eineinhalb Millionen Euro kosten dürfen, fließen hier sieben bis acht.
Es wird auf englisch mit internationalen Stars gedreht, die Filme laufen zuerst im US-Fernsehen und werden in 50 bis 60 Länder verkauft. Kloiber hat für sechs Pilcher-Romane die Rechte erworben und diese in den letzten zwölf Jahren verfilmt. Die berühmten »Muschelsucher« wurden bereits 1982 von einer US-Produktion auf die Leinwand gebracht, weil es aber keine Pilcher-Werke mehr gibt, hat sich Kloiber nun nochmal an diesen Roman gewagt.
Eine Hauptrolle spielt derzeit in Cornwall US-Kinoheldin Vanessa Redgrave. Die deutschen Stars Jan Niklas (»Zauber der Liebe«) und Sebastian Koch (»Muschelsucher«) hätten vermutlich bei einem »normalen« Pilcher (davon gibt es vier bis fünf im Jahr im ZDF) nicht zugesagt. Mainzelmann Claus Beling freut sich sehr, »immer auch mal wieder internationale Pilcher-Verfilmungen bringen zu dürfen«, scheint aber nicht sehr traurig darüber zu sein, dass für Kloiber mit den »Muschelsuchern« das Pilcher-Programm beendet ist.
»Wir haben jetzt die Rechte an 20 kleinen Erzählungen erworben und sind damit der einzige Sender überhaupt, der das komplette Werk einer Weltbestseller-Autorin verfilmt«, sagt Beling. Pilcher geht also weiter im ZDF. Im Januar wird mit einem ganz anderen »deutschen« Pilcher (Titel: »Jenseits des Ozeans«) eine kleine Irland-Reihe eröffnet. Die Vorlage lieferte Rosamunde Pilchers Sohn Robin, 55, der früher Farmer war.
Die inzwischen 80-Jährige Mutter, die sich selbst nicht mehr an die Schreibmaschine setzen will, macht bei ihren Auftritten gerne Werbung für den begabten Sohn: »Robin schreibt ganz ähnlich wie ich, aber viel witziger und erotischer. Wenn man älter wird, verliert man leicht den Bezug zur Jugend. Er hat einen sehr jungen, frischen Stil und erreicht damit die jungen Leute.« Robin Pilcher hat bereits die Rechte seiner drei Romane an die Mainzer verkauft und verspricht, weiter zu dichten.

Artikel vom 24.12.2005