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Paragon-Arena droht
zur Bauruine zu werden

Paderborner Anwohner lehnen Güteverhandlungen ab

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Ein Fußballtempel soll es werden, ein richtiges Schmuckkästchen, ein Modellprojekt für ganz Europa. Mit der Münchener Allianz-Arena wollen sich die Paderborner zwar nicht messen. Doch auch ihr Stadion soll Maßstäbe setzen - wenn die Paragon-Arena denn jemals fertiggestellt wird und nicht als Bauruine endet. Derzeit steht das neue Wahrzeichen der westfälischen Domstadt aber unter keinem guten Stern.

Massiv und gewaltig ragen die Betonpfeiler in den Himmel, die Osttribüne steht, der Rasen grünt wie ein Golfplatz, und das Hauptgebäude ist ein Rohbau. Am 22. Januar 2006 sollte mit dem Zweitliga-Rückrundenstart gegen Unterhaching der Ball rollen.
Alles verlief planmäßig, bis das Gericht die gelb-rote Karte zückte und am 15. November einen Baustopp verfügte. Drei Anwohner fühlen sich durch das Stadion gestört und ziehen - bislang erfolgreich - gegen das 12,5 Millionen Euro teure Projekt juristisch zu Felde. Gestern haben sie ihrem Anwalt das Mandat für weitere Güteverhandlungen mit der Stadt Paderborn entzogen.
Jetzt rächt sich, dass die Verwaltung die Planung und Baugenehmigung mit heißer Nadel gestrickt hat. Man habe »den berechtigten Interessen der Anwohner nicht die gebotene Aufmerksamkeit gegeben«, schrieb das Oberverwaltungsgericht Münster den Planern ins Stammbuch. Die Baugenehmigung sei in vielen Punkten fehlerhaft.
Dabei kam die Forderung nach einem bundesligatauglichen Stadion nicht erst mit dem Aufstieg des SCP 07 in die zweite Fußball-Bundesliga. Als es dann im Sommer aber wirklich ernst wurde, waren die Verantwortlichen zu einem Schnellschuss gezwungen. Von dem Zeitpunkt an hätten SCP-Präsident Wilfried Finke und sein Präsidium die Stadtväter und den Bürgermeister »vor sich her getrieben«, bemerkte Klägeranwalt Heinrich Loriz süffisant.
Am 16. Juni fasste der Rat der Stadt Paderborn mit großer Mehrheit den Beschluss, das Stadion zu bauen und einen Zuschuss von 3,4 Millionen Euro zu gewähren. Nur einen Monat später, am 12. Juli, rückten auf dem 68 000 Quadratmeter großen städtischen Grundstück die Bagger, Planierraupen und Betonmischer an. »Ein Traum hat begonnen«, frohlockte Josef Ellebracht, in Personalunion SCP-Vizepräsident und Vorstand des Generalbauunternehmers Bremer AG. Dass der Traum so schnell zum Alptraum würde, konnte er damals nicht ahnen. 2,3 Millionen Euro sind inzwischen in der Alme-Aue verbaut worden.
Doch schon in erster Instanz erzielten die Kläger einen Teilerfolg. Am 30. September entschied das Verwaltungsgericht Minden, dass die geplanten 1100 Parkplätze für 15 300 Besucher, für die das Stadion konzipiert ist, nicht ausreichen und beschränkte die Nutzung auf 6000 Zuschauer. Die Münsteraner Richter zückten in zweiter Instanz gar die Karte, ein inzwischen ebenfalls anhängiges Normenkontrollverfahren könnte den halb fertigen »Tempel« komplett zum Einsturz bringen, die Paragon-Arena an jener Stelle für gänzlich unzulässig erklären. Damit hätten die Anwohner ihr Ziel erreicht. Das stolze Prestigeobjekt würde zum Luftschloss, und ganz Fußballdeutschland lachte über die Provinzplaner aus der Paderstadt.
Dass Klagen vor Gericht Bauvorhaben tatsächlich über Jahrzehnte blockieren oder gar zu Fall bringen können, zeigen etliche Beispiele in ganz Deutschland. So tüfteln die Planer am Weiterbau der Autobahn 33 von Bielefeld nach Osnabrück seit vier Jahrzehnten. Zuletzt wurde die Fertiggestellung für 2011 in Aussicht gestellt.
Aber noch steht die Paragon-Arena nicht auf dem Abstellgleis. Paderborns Bürgermeister will weiter verhandeln und die unzufriedenen Anwohner zum Einlenken bewegen. Um die Stadion-Gesellschaft vor der Pleite zu bewahren, hatte die Stadt vor wenigen Tagen noch 1,25 Millionen Euro Zuschuss frei gegeben.

Artikel vom 22.12.2005