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Die Arminia gibt
Rapolder den Rest

Kölns Trainer muss gehen - Rettig tut es von selbst

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Bielefeld (WB). Nach Bielefeld durfte Uwe Rapolder noch zurückkehren. Aber nur um sich von seinem früheren Verein den Arbeitsplatz wegschießen zu lassen. Was muss das bitter sein für den 47 Jahre alten Schwaben, und wohl auch eine Ironie des sportlichen Schicksals: Ausgerechnet die Arminen gaben dem Trainer des 1. FC Köln den Rest.

Gestern bekam Rapolder per Telefon den Laufpass. Nach zwölf Spielen ohne Sieg stellte sich auch Präsident Wolfgang Overath nicht länger an die Seite jenes Mannes, den er vor dieser Saison unbedingt wollte. Nach nicht einmal einem halben Jahr feuerte er seinen Wunschtrainer wieder. Es war die 300. Trainer-Entlassung in der Bundesliga. Overath glaubte erkannt zu haben, dass die Mannschaft nicht mehr bedingungslos zu Rapolder stand.
Die Ereignisse hatten sich schon am Spieltag überschlagen, als sich die Geißböcke zwischen der 53. und 59. Minute erneut als vogelfrei präsentierten. »Da sind bei uns wieder einmal alle Dämme gebrochen«, beklagte Rapolder die Gegentreffer 37, 38 und 39. Beim Punktezählen dürfen die Kölner schon bei zwölf aufhören. Fast unglaublich, dass dies auch noch mit Platz 16 »belohnt« wird.
Akute Abstiegsgefahr bedeutet die Position trotzdem, ein erstes Opfer forderte die Situation noch in der SchücoArena. Manager Andreas Rettig gab auf. »Ich war maßgeblich an der Zusammenstellung unseres Kaders und der Verpflichtung dieses Trainers beteiligt. Ich fühle mich verantwortlich und es entspricht meinem Selbstverständnis, dass ich mit sofortiger Wirkung nicht mehr Manager des 1. FC Köln bin.« Schon seit einiger Zeit gab Rettig die Zielscheibe der Kritiker ab. Zuletzt wurde er bei der Jahreshauptversammlung äußerst hart attackiert.
Rapolder genoss weitaus mehr Rückhalt - bis zum Tag der Rückkehr nach Bielefeld. Die ihm wohl bekannte Wirkungsstätte wurde keine Zufluchtsstätte mehr. Zwar gab es keine Pfiffe gegen den Fußball-Lehrer, das ein oder andere Plakat schmerzte allerdings genauso. »Lasst die Illusion U.R. zu Ende gehen, wo sie begann«, stand da. »Raffpolder« war zu lesen. Zu sehen auch noch ein »A«, das ausschaute wie das »A« vom Arbeitsamt, mit dem Konterfei des Trainers gleich daneben. Eine kleine Gemeinheit der Arminia-Anhänger, die natürlich auch bescheid wussten: Noch eine Pleite würde Rapolder vermutlich den Job beim 1. FC Köln kosten.
»Ich habe kein gutes Gefühl«, gestand der Trainer nach dem 2:3, längst vom Glück verlassen. Und von guten Spielern. Lukas Podolski saß verletzt zuhause - wie so viele andere auch. Nie hatte Rapolder die Besten beisammen. Aus der Not wurde alles probiert, bis zur taktischen Untreue gegenüber der eigenen Vorstellung. Eine Spitze, zwei Spitzen, Dreierkette, Viererkette. Ein »Sechser«, zwei »Sechser«. Mal diesen rein, dann jenen. Sogar seinen Stil änderte Rapolder, brüllte nicht mehr so oft über den Platz, er blieb ruhig.
Seine Selbstüberprüfung ergab keinen Selbstvorwurf: »Ich könnte nicht sagen, was ich falsch gemacht habe.« Darum schob er die ausgeprägte Erfolgslosigkeit auch nicht auf ein fehl geschlagenes Konzept, sondern auf die kleinen Katastrophen drumherum: »Was wir in meiner Zeit alles durchmachen mussten, ist schwer auszuhalten.« Soll heißen: Null Chance.
Overath sah es zum Schluss nicht mehr so. Der Präsident ist zwar von der eigentlichen Eignung des Entlassenen immer noch überzeugt, nur nicht davon, dass der FC unter Rapolders Leitung auch den Ausweg gefunden hätte.
Vielleicht versucht es der Verein jetzt mit Klaus Toppmöller. Auch Christoph Daum (wie immer beim FC in solchen Fällen) oder Ralf Rangnick werden genannt. Ein vierter Abstieg soll unter allen Umständen vermieden werden, damit sich Geißbock Hennes nicht von den Zinnen des Doms stürzt und die frustrierten Fans die Kölschfässer nicht schon wieder aus lauter Kummer leeren.

Artikel vom 19.12.2005