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Ein Jahr danach ins neue Heim

Tsunami: Hoffnung in der Region Mullaittivu Dank der Hilfe aus Bielefeld

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Zum Jahrestag des Tsunami soll die erste Familie aus Silavatai im Norden von Sri Lanka ihr neues Haus beziehen. Dank der Hilfe aus Bielefeld.

Nach der verheerenden Katastrophe vom zweiten Weihnachtstag 2004 gab es in Bielefeld spontane Sammelaktionen, die Oberbürgermeister Eberhard David durch die Gründung der Aktion »Bielefeld hilft« bündelte. Ziel: Einen Euro von jedem Bielefelder. Dieses Ziel ist deutlich überschritten. Auf das Hilfskonto gingen bislang 418 700 Euro ein.
Schon frühzeitig entschied sich Bielefeld für eine Zusammenarbeit mit der Deutschen Welthungerhilfe und der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). Durch Vermittlung der tamilischen Gemeinde in Bielefeld entschloss man sich, der Region Mullaittivu direkte Hilfe zu leisten.
Dabei setze man auf nachhaltige Projekte, betont Volker Fliege, der im Rathaus »Bielefeld hilft« koordiniert. Ziel sei es, die Menschen zu befähigen, auch ohne Unterstützung von Hilfsorganisationen oder Patenschaften durch ausländische Städte ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten zu können.
Dass erst jetzt, ein Jahr nach der Flutkatastrophe, die Hilfe aus Bielefeld in Form des ersten Wohnhauses sichtbar wird, sei nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass Silavatai im Bürgerkriegsgebiet liege. Auch wenn man mit kompetenten Partner zusammenarbeite, die »Land und Leute kennen«, müssten zahllose Verhandlungen geführt, müssten administrative Hindernisse überwunden werden, sagt Fliege. Zudem gebe es nicht genügend Fachkräfte für den Aufbau vor Ort. 85 Prozent der Einwohner von Silavatai, 900 Menschen aus 181 Familien, lebten vom Fischfang. Zudem habe der Tsunami nicht nur das Dorf Silavatai zerstört, sondern auch Minen und Sprengfallen verteilt. Die müssen gesucht und entschärft werden, bevor gebaut werden kann. Außerdem habe man die Monsunzeit, die in diesem Jahr besonders lang war, abwarten müssen.
Silavatai entsteht nicht mehr unmittelbar an der Küste. Ein Schutzstreifen soll frei gehalten werden. Gebaut werden sollen dort 100 Häuser, davon 25 mit Bielefelder Hilfe, zudem ein Gemeindehaus, eine Vorschule und drei Projekte für die Fischerei: ein Ankerplatz, eine Fischauktionshalle mit Kühlhaus und ein Versammlungsraum für die Fischereikooperative. Für diese Fischereiprojekte würden die Gelder verwandt, die speziell für die Anschaffung von Fischerbooten gespendet worden seien, erklärt Volker Fliege, denn: »Boote gibt es längst genug, der Markt ist gesättigt.«
Von den Spendengeldern sind inzwischen 374 000 Euro fest verplant. 224 000 Euro gehen an Silavatai - die Menschen des Dorfes leben noch in Behelfsunterkünften - mit 150 000 Euro beteiligt sich »Bielefeld hilft« am Bau einer weiterführenden Schule für 725 Kinder und Jugendliche in Mullaittivu. Die Schule mit den Klassen 6 bis 13 soll im September 2006 fertig gestellt sein.
Das übrige Geld und Beträge, die auch jetzt noch, ein Jahr nach dem Tsunami, eingehen, sollen für ein Vorhaben des »Welthaus« verwendet werden. Bis Mitte 2006 soll ein Konzept für ein Projekt zur Berufsausbildung von Jugendlichen erarbeitet sein. Fliege: »Die Menschen sollen sich auf Dauer ihren Lebensunterhalt auch anders als mit dem Fischfang verdienen können.«
Es sei der richtige Weg gewesen, mit erfahrenen Partnern zusammen zu arbeiten, die nachgeprüfte Projekte betreuen, bei denen sämtliche Fragen, unter anderem des Landrechtes, geklärt seien. Es gebe genügend Beispiele, wo das Schnell-Helfen-Wollen zu Problemen geführt habe, Aktionen »Schiffbruch« erlitten hätten. Fliege weiß: »Vor dem Tsunami gab es auf Sri Lanka acht Hilfsorganisationen, jetzt über 100.«

Artikel vom 22.12.2005