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Köche-Streit um Topfzutaten

Für FIFA-Boss Blatter zählen »nur sportliche Kriterien« - Kritik am OK

Leipzig (dpa). Einen Tag vor der entscheidenden Sitzung ist die mit Spannung erwartete Zuordnung der 32 Teilnehmer der Fußball-WM 2006 auf die vier Lostöpfe weiter ungewiss.

»Es gibt verschiedene Vorschläge. Ganz sicher wird es eine Mischung sein aus den Leistungen der letzten Weltmeisterschaften und dem aktuellen Stand der Weltrangliste«, sagte Joseph »Sepp« Blatter gestern in Leipzig. Der Präsident des Weltverbandes FIFA dementierte Berichte über ökonomische Kriterien bei der Voreinteilung für die Auslosung der acht Vorrundengruppen in der Messestadt am Freitagabend (20.30 Uhr/live in der ARD). »Wirtschaftliche Gesichtspunkte werden wir nicht berücksichtigen«, versicherte der Schweizer.
Sicher ist bislang nur, dass Deutschland und Brasilien Köpfe der Gruppen A und F sein werden. Welche Nationen neben dem Gastgeber und dem Titelverteidiger im besten Lostopf 1 sein werden, wird weiter von den »FIFA-Köchen« heftig diskutiert. Der zweifache Titelträger Argentinien gilt als aussichtsreichster Kandidat. Auch Italien, England, Mexiko, Spanien und Frankreich haben beste Chancen, bei der Sitzung des WM-Organisationskomitees heute berücksichtigt zu werden.
Bei dieser möglichen Auswahl mit den Ergebnissen der Weltmeisterschaften 1994, 1998 und 2002 als Grundlage wären die vor vier Jahren nicht qualifizierten Niederlande nicht unter den besten Nationen, weshalb beim zweimaligen Vize-Weltmeister schon vorab Unruhe aufkommt. Das niederländische Exekutiv-Mitglied der Europäischen Fußball-Union (UEFA), Mathieu Sprengers, appelliert deshalb für eine stärkere Berücksichtigung der aktuellen Weltrangliste. Sprengers: »Holland ist seit einem Jahr immer unter den ersten Drei.«
Verhindert werden soll in jedem Fall, dass zwei Mannschaften aus dem gleichen Kontinentalverband schon in der Gruppenphase aufeinander treffen. Ausnahme ist mit 14 Teilnehmern Europa: Hier werden definitiv nicht mehr als zwei Nationen pro Gruppe vertreten sein. »Es wird keine Gruppe mit drei europäischen Mannschaften geben«, versicherte Blatter.
Eine Voreinteilung von großen Nationen auf Spielorte mit großen Stadien schloss Blatter ebenso aus. Allerdings sind mit der Festlegung von Deutschland und Brasilien auf die Gruppenköpfe A und F die Auftritte der Publikumsmagneten in den größten Arenen in München, Dortmund und Berlin sicher.
Der FIFA-Chef hat die deutschen Organisatoren auch zu einer nachträglichen Tauglichkeits-Prüfung aller zwölf Stadien verdonnert und als Konsequenz aus den Fan-Zwischenfällen am Samstag eine Verbesserung der Sicherheitskontrollen gefordert. »Wir werden das OK jetzt ins Gebet nehmen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser«, kommentierte Blatter die jüngsten Vorfälle.
Nach der Spielabsage in Kaiserslautern wegen eines Dachschadens im Fritz-Walter-Stadion sowie den Wurf-Attacken bei den Bundesliga-Spielen in Hamburg und Mönchengladbach sieht der Schweizer die von Franz Beckenbauer angeführten WM-Ausrichter in der Pflicht: »Beim deutschen Organisations-Komitee brennt jetzt die Rote Lampe.«
Zwar bewertete Blatter den Stand der Vorbereitung noch immer mit der Schulnote »zwei plus«. Doch der 69-Jährige nutzte eine Gesprächsrunde in erster Linie dazu, Missstände anzusprechen und Gegenmaßnahmen zu verkünden. Beispiel Stadionbau: Nachdem in Nürnberg, Frankfurt und jetzt Kaiserslautern binnen weniger Monate drei WM-Arenen gravierende Baumängel aufwiesen, sollen Anfang 2006 alle Stadien noch einmal überprüft werden. Zudem werde man einen Termin festlegen, bis wann die Arenen definitiv WM-reif sein müssen.
Auch in punkto Sicherheit sieht der FIFA-Chef den nationalen Veranstalter am Zug. Er forderte bessere Einlasskontrollen, damit nicht wie in Hamburg und Mönchengladbach Spieler durch Trommelstöcke oder andere Wurfgeschosse verletzt werden können.

Artikel vom 06.12.2005