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Profivertrag in der Tasche, aber:
»Tim ist kein Typ, der abhebt«

Trainer, Eltern und Freundin verleihen Armine Danneberg Bodenhaftung

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Es grenzt an ein Wunder, dass Tim Danneberg kein Handballer geworden ist. Vater und Mutter spielten professionell, Tims Leidenschaft aber gehört seit frühester Kindheit dem Fußball. In dieser Woche unterschrieb der 19-Jährige beim DSC Arminia Bielefeld seinen ersten Profivertrag.
Regionalligaerfahrung: Tim Danneberg (r.) war vergangene Serie für Arminia II auch gegen Aufsteiger Braunschweig in Aktion.
»Immer wenn meine Mama Handball gespielt hat, bin ich als kleiner Junge in der Halbzeit an das Netz mit den Bällen gegangen. Da war auch ein Fußball drin, und den habe ich mir zum Spielen rausgeholt«, erinnert sich Tim. Kerstin Danneberg war für Gießen, ihr Mann Detlef für den TuS Nettelstedt am Ball. Mit seinen 1,86 Metern würde auch Filius Tim zum Handballer taugen. »Meine Eltern hatten immer Verständnis dafür, dass ich Fußballprofi werden wollte. Sie unterstützen mich super«, schwärmt Tim von der familiären Rückendeckung, verheimlicht aber nicht, dass sich die Eltern auch gesorgt haben um seine Zukunft. »Ich wollte aber schon immer Fußballer werden und habe mir über andere Berufe darum kaum Gedanken gemacht.«
Die Jahrgangsstufe 12 am Herforder Anna-Simsen-Berufskolleg hat er beendet, danach die Schule abgebrochen. Weil die Schulleitung Verständnis für seinen Profiwunsch hatte, ging sie mit dem talentierten Tim einen fairen Deal ein: Schafft er es nicht, sich innerhalb von zwei Jahren im DSC-Profikader durchzusetzen, darf er das letzte Schuljahr nachholen und sein Abitur ablegen, ohne von vorn beginnen zu müssen.
Tims Freundin Maike glaubt nicht, dass er dieses Angebot annehmen wird. »Es war immer klar, dass Tim seinen Traum verwirklichen will. Und ich glaube fest, dass er das bei Arminia schaffen wird«, begründet die 20-Jährige. Maike Borgmann und Tim Danneberg sind seit vier Jahren fest befreundet, kennen sich seit dem Kindergarten. Beide stammen aus dem Kreis Minden-Lübbecke, gingen in Nordhemmern in die Grund- und in Hille in die Gesamtschule. Seit einigen Monaten lebt das Sportler-Pärchen - Maike spielt Landesliga-Handball für Nordhemmern/Mindenerwald - gemeinsam in Bielefeld. Sie studiert Pädagogik und Mathe auf Lehramt an der Uni, er die taktischen Anweisungen seines Trainers. Thomas von Heesen gratulierte Tim zum Profivertrag, den Stift zur Unterschrift hatte ihm Sportchef Saftig gereicht. Dabei hatte Danneberg erst vor dieser Saison einen neuen Amateurvertrag unterzeichnet. Tim erzählt: »Vor ein paar Wochen kam Reinhard Saftig nach dem Training zu mir, bat mich um ein Vier-Augen-Gespräch. Er fragte: Wollen wir jetzt mal einen richtigen Vertrag machen?« Erst, sagt Danneberg, sei er sich nicht sicher gewesen, wie Saftig das gemeint habe. »Aber dann habe ich mich riesig gefreut und gleich mit Maike mit einem Glas Sekt angestoßen.«
Muss Maike ihren Tim nun anbinden, damit er als Profi nicht abzuheben droht? »Nein, überhaupt nicht. Tim ist gar nicht der Typ dafür«, versichert sie. Auch Tims Eltern, die bei der Vertragsunterzeichnung in der Arminia-Geschäftsstelle dabei waren, werden ein waches Auge auf ihren Junior haben. Schon ein Mal stellten sie ihrem Tim die Gewissensfrage: »Fußball für Union oder Tennis für den TC Nettelstedt? Du musst Dich entscheiden, beides geht nicht mehr.« Tim wählte den Fußball und erinnert sich genau, warum: »Weil ich am selben Tag für Minden zwei Tore gegen Klosterbauerschaft geschossen hatte.«
Ein paar Jahre später heißt Tims Gegner nicht Klosterbauerschaft, sondern Schalke 04. Nicht ausgeschlossen, dass er am Samstag in der Bundesliga debütiert. Trotzdem bleibt er gelassen: »Wenn's so wäre, würd's mich freuen. Wenn nicht, brenne ich weiter auf meinen ersten Einsatz. Irgendwann wird mich der Trainer bringen.«

Artikel vom 03.12.2005