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Häusliche Reha macht fit

Studie: Herzpatienten leistungsfähiger als nach stationärer Kur

Von Christian Althoff
Bad Oeynhausen (WB). Herzkranke, die nach einer Operation die Nachsorge unter ärztlicher Aufsicht zu Hause selbst in die Hand nehmen, sind später mindestens so leistungsfähig wie jene, die nach der OP mehrere Wochen in einer Rehabilitationsklinik verbracht haben.

Das hat eine Langzeitstudie des nordrhein-westfälischen Herzzentrums Bad Oeynhausen ergeben, an der 170 Patienten teilgenommen haben. »Von der häuslichen Reha profitieren nicht nur die Patienten, sondern auch die Kassen«, sagte am Freitag Oberarzt Dr. Heinrich Körtke, der die Studie geleitet hatte. 1000 Euro ließen sich pro Reha-Maßnahme sparen.
In Deutschland erhalten jedes Jahr etwa 71 000 Patienten einen Bypass und 19 000 eine neue Herzklappe. Jeder zweite von ihnen kommt Körtkes Worten zufolge für die häusliche Rehabilitation in Frage, was einer Ersparnis von 45 Millionen Euro entspräche.
Und so funktioniert die »Haus-Reha«: Die Patienten werden nach entsprechender Schulung spätestens zehn Tage nach der Herzoperation nach Hause entlassen. Dort steht bereits ein Trimm-Fahrrad (Ergometer) der Krankenkasse. Das tägliche Traniningspensum steigt in zwölf Wochen von 15 auf 40 Minuten, wobei ein Plan exakt vorgibt, mit welchem Pulsschlag und welcher Leistung gefahren werden darf.
Viermal in der Woche zeichnet ein kleines EKG-Gerät die Herztätigkeit auf und übermittelt die Daten telefonisch ans Herzzentrum, außerdem gibt es täglich eine telefonische »Visite«. Alle drei Wochen stellt sich der Patient zudem seinem Hausarzt und seinem Kardiologen vor.
Studienleiter Dr. Heinrich Körtke: »Wir haben 100 Patienten nach einer ambulanten und 70 nach einer stationären Rehabilitation untersucht, und zwar jeweils im Abstand von sechs und zwölf Monaten.« In beiden Gruppen hätten körperliche Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden zugenommen, erheblich jedoch nur bei den Patienten der häuslichen Reha: »Sie hatten weniger Gewicht zugelegt und waren um bis zu 15 Watt leistungsfähiger als die Menschen in der Vergleichsgruppe.«
Die AOK Westfalen-Lippe hat als erste Kasse einen entsprechenden Versorgungsvertrag mit der Herzklinik und vier weiteren herzchirurgischen Zentren geschlossen. »Die Ergebnisse überzeugen«, sagt AOK-Geschäftsführer Fred Nadolny, der die häusliche Reha nach einer Herz-OP selbst ausprobiert hat. »Wer die Verantwortung übernimmt, sich weitgehend selbst zu rehabilitieren, will anschließend das positive Ergebnis auch unter allen Umständen halten.« Dies könne ein Grund dafür sein, dass Patienten nach einer Haus-Reha offenbar länger guten Vorsätzen bezüglich der Ernährung und der Bewegung treu blieben als andere Kranke.
Der Einspareffekt sei zwar begrüßenswert, sagte Nadolny, aber nicht ausschlaggebend: »Jeder Versicherte soll weiterhin entscheiden, welche Reha er haben möchte.« Mit der häuslichen Kur biete sich allerdings erstmals die Gelegenheit, auch jene 50 Prozent der Herzoperierten zu erreichen, die bislang, etwa aus beruflichen Gründen, auf jede Nachsorge verzichteten, sagte Nadolny.
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Artikel vom 03.12.2005