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Flieger und IC
hinderten am
Reimgenuss

»Classic Sandwich« und »11. Gebot«

Von Burgit Hörttrich und
Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). Er begeisterte alle: Robert Gernhardt, Schriftsteller, Karikaturist, Zeichner und Maler, bewies, dass ein 100-jähriges Jubiläum keine »getragene« Veranstaltung sein muss, der das geneigte Publikum mit würdigen Mienen beiwohnt. Zum 100. Geburtstag der Stadtbibliothek (das WESTFALEN-BLATT berichtete bereits) zitierte Gernhardt Dichter wie Heinrich Heine, Christian Morgenstern, Wilhelm Busch oder Ernst Jandl - und er kopierte die Art ihrer Dichtung mit eigenen Texten, geschrieben im selben Stil.

Der Wortkünstler erfreute das Publikum mit den Reim-Varianten des »Classic Sandwich« und des »Modern Sandwich« - erste und letzte Zeile eines klassischen oder modernen Reimwerkes bleiben, die Verse dazwischen sind von Gernhardt - und mit dem »Elften Gebot«. Das lautet: »Du sollst nicht lärmen!«
Monika Rasche, stellvertretende Vorsitzende des Verbandes der Bibliotheken in NRW, die vor 25 Jahren auch in Bielefeld gearbeitet hat, wünschte der Stadtbibliothek »immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel für die Fahrt ins zweite Jahrhundert«.
Hiltrud Böcker-Lönnendonker als zweite Vorsitzende des Fördervereins der Stadtbibliothek, vertrat mit einem Grußwort den Vorsitzenden Prof. Helmut Steiner. Der war drei Wochen lang in Moskau, hatte am Vorabend noch eine Rede in der Deutschen Botschaft gehalten und sein Flug zurück hatte Verspätung. Aber zum Empfang nach dem offiziellen Teil schaffte er es noch. Und warb gemeinsam mit Hiltrud Böcker-Lönnendonker, die betont hatte, der Förderverein sei zwar nicht so glamourös wie die Fördervereine für andere Kultureinrichtungen, intensiv um neue »Freunde und Förderer«. Oberbürgermeister Eberhard David ließ sich nicht lange bitten und erklärte seinen Beitritt. . .
Wie Steiner ebenfalls zu spät kam Hans-Georg Vogt, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Bielefeld. Sein Intercity von Berlin nach Bielefeld hatte erst Verspätung und blieb dann in Löhne stehen - die Fahrgäste wurden nach 40 Minuten Wartezeit per Bus nach Herford gefahren. Vogt: »Von da aus habe ich mir dann ein Taxi genommen, aber Robert Gernhardts Vortrag trotzdem versäumt - schade!«
Zum Stadtbibliothek-Jubiläum gekommen waren unter anderem Kulturdezernent Rainer Ludwig und Kirsten Ludwig, die künftige Leiterin des Kulturamtes Brigitte Brandt, Ulrich Laustroer, stellvertretender Amtsleiter, der früher Universitäts-Rektor Prof. Helmut Skowronek, Kultur- und Ratspolitiker wie Gabriele Schäfers-Wienecke, Karin Brandi, Dietrich Heine, Petra Brinkmann, Yael Niemeyer-James, Leiterin der Musik- und Kunstschule, Christiane Stute (Buchhandlung Stute), Melanie Küster (Thalia) und Christiane Treder (Boulevard), die »Lesefutter« schenkten.
Der frühere Chefdramaturg des Theater Bielefeld, Alexander Gruber, ist zwar im »Un-Ruhestand«, aber dennoch überaus geschäftig: In Potsdam ist zurzeit seine Bearbeitung des Märchens »Zwerg Nase« zu sehen, Reclams »Neuer Schauspielführer«, an dem er mitgearbeitet hat, ist soeben erschienen, außerdem der zweite Teil seiner »Beiträge zur theatralischen Denklust«: »Mozarts Ehre«. Nach lange nach seinem dichterischem Vortrag beschäftigt war auch Robert Gernhardt: Das Publikum kaufte begeistert seine Bücher und ließ sie von ihm signieren.

Artikel vom 03.12.2005