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Der »Große Bär« scheint den Winter voranzutreiben

Der Sternenhimmel über der Region im Monat Dezember - Ungleiches Bild bei einem Blick auf die Erde

von Reinhard Wiechoczek
Könnten wir unseren eigenen Standort auf die Sonne verlegen und von da aus auf die Erde zurückschauen, böte sich uns ein sehr ungleiches Bild: Die Südhalbkugel mit der beinahe kompletten Antarktis füllt das weitaus größte Gesichtsfeld, während die nördlichen Breiten des Globus perspektivisch recht verzerrt werden und von der Arktis nichts erscheint.
Der Sternenhimmel über Ostwestfalen-Lippe im Monat Dezember
Immer stärker neigt sich in diesen Wochen die Erdachse mit ihrem Südpol der Sonne zu, bis der größte Winkel von -23,5 Grad am 21.12.05 um 19.35 Uhr erreicht wird. Der Winkel trägt ein negatives Vorzeichen, weil für uns Erdenbewohner die Sonne unterhalb des Äquators steht und am genannten Datum den astronomischen Winteranfang markiert. Schon am 18.12.05 um 5 Uhr tritt die Sonne aus dem Schlangenträger über in das Sternbild Schütze, das die Sternfreunde aus sommerlichen Beobachtungsnächten kennen, wenn sich der Blick tief an den Südhorizont wendet und dieses Sternbild ein Fülle von interstellaren Objekten anbietet. Verbirgt sich doch hinter dieser Sternenfigur das Zentrum unserer Milchstraße.
Genauso tief wandert jetzt die Sonne am Südhorizont entlang und beschreibt zwischen ihrem Auf- und Untergang die kürzesten Tagbogen, die umso bescheidener ausfallen, je weiter nördlich man sich aufhält, bis es ab dem Polarkreis schließlich überhaupt keinen Tagbogen mehr gibt, sondern permanente Dunkelheit.
Der Mondlauf ist wie folgt terminiert: 1.12. Neumond (16.01 Uhr) im Schützen, 8.12. Erstes Viertel (10.36 Uhr) im Wassermann, 15.12. Vollmond um 17.15 Uhr im Stier, 23.12. Letztes Viertel (20.36 Uhr) im Löwen und 31.12. Neumond (4.12 Uhr) im Schützen.
Am frühen Abendhimmel erscheint Venus als heller »Abendstern« im Gebiet Schütze/Steinbock am Südwest-Horizont, in größtem Glanz mit -4.7m am 9. Dezember. Ab dem 23.12. wandert Venus als innerer Nachbarplanet auf die Sonne zu und verkürzt rasch ihre Abendsichtbarkeit. Der äußere Nachbar Mars beendet innerhalb des Widders seine Oppositionsperiode und verliert an Helligkeit von -1.6m auf -0.6m. Saturn, rückläufig im Krebs am Osthorizont, geht auf die Opposition zu und steigert zum Jahresende die Helligkeit von 0.3m bis -0.1m.
Beginnen wir die Betrachtung der Sternbilder im Zenit. Über uns das »Himmels-W« (Kassiopeia), die rechte untere Spitze weist auf M31, Nachbargalaxis unserer Milchstraße. Südlich schließt sich das Herbstviereck Pegasus an, noch zenitnäher die beiden offenen Sternhaufen h und chi im Perseus mit dem Bedeckungsveränderlichen Algol. Vom Zenit gelangt man nördlich durch ein sternenarmes Feld zum Polarstern, Deichselspitze des Kleinen Wagens, um den sich der Drache windet, dessen Hauptstern zu den sommerlichen Überresten Leier, Schwan und Delphin überleitet. Der Große Wagen, alias Großer Bär, scheint den Winter voranzutreiben, bestehend aus dem Wintersechseck, das die Hauptsterne von Fuhrmann, Zwillingen, Kleinem - und Großem Hund, Orion und Stier entwerfen. Die Ekliptik beginnt im östlichen Krebs, fällt ab durch das Wintersechseck zum südlichen Widder, zu den südwestlichen Fischen bis zum Wassermann. Den tiefen Südhimmel teilen sich der Walfisch und der endlos lange Fluss Eridanus, der am Orion entspringt.

Artikel vom 26.11.2005