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Der Blick aus dem Fenster fällt direkt auf den Rand des Teutoburger Waldes. Der Behandlungsraum strahlt eine gemütliche Atmosphäre aus, ein antiker Sekretär setzt den Gegenpol zu modernsten Geräten. Gleich neben seinem Wohnhaus empfängt Hans-Georg Hansen heute Kunden - zusammen mit Rauhhaardackel Moritz. Die Kunden schätzen die »Männerwirtschaft« am Rande der Großstadt, wo sich Hansen insbesondere komplizierten Fällen widmet. »Es gibt Augenkrankheiten wie Keratokonus, die sind mit einer Brille nicht korrigierbar«, erklärt Hansen und ist plötzlich mitten im Thema.
Contactlinsen haben ihn von Jugend an fasziniert. In Bielefeld gilt der gebürtige Essener als Pionier. Als er im Januar 1965 am damaligen Berliner Platz sein erstes Fachgeschäft in Bielefeld eröffnete, war er nach eigenen Angaben der erste Optiker in der Stadt, der sich mit der Alternative zur Brille beschäftigte. Den Weg an den Teutoburger Wald hatte der gebürtige Essener eher zufällig gefunden. Nach der Ausbildung hatte Hansen in der Schweiz gearbeitet, dann in München. Auf dem Weg zu einer eigenen Existenz als Optiker analysierte er Standorte und kam auf Empfehlung nach Bielefeld. »Das ist ein interessanter Markt, und Kaufkraft ist auch vorhanden«, hatte man ihm damals erklärt.
Hans-Georg Hansen erlebte den Boom der Contaclinsen, der aus den Metropolen München, Hamburg, Düsseldorf und Hannover schnell in die »Provinz« schwappte. Wenn Hansen zurückschaut, erzählt er von harten Linsen aus Plexiglas, von langer Eingewöhnungszeit und zunächst nur kurzer Tragezeit: »Mancher Kunde konnte die Sehhilfe zunächst nur eine Stunde tragen.« Wo einst ein Höchstmaß an Selbstdisziplin gefordert wurde, um das sensible Auge an die Brillenalternative zu gewöhnen, kann der Profi heute von formstabilen Materialien berichten, die ein Höchstmaß an Sauerstoff an die Hornhaut lässt.
So wie Hansen selbst zu den »Urgesteinen« des deutschen Contactlinsenwesens gehört, bedient er sich bis heute namhafter »Linsenschnitzer der Münchener Schule«, die einst die Perfektion begründet hatte. Hansen: »Da folgt die Oberfläche exakt dem Auge, können selbst Neueinsteiger ihre Linsen bis zu sechs Stunden ohne Probleme tragen.« Gehörte das Thema Contactlinsen schon immer zu den höchst sensiblen medizinischen Tätigkeitsbereichen, hat es heute dank Computerunterstützung und modernster Technologie neue ungeahnte Möglichkeiten eröffnet. Selbst unterschiedliche Schärfen für die so genannte Altersweitsichtigkeit stellen längst kein Problem mehr dar.
Hans-Georg Hansen, der 1982 mit seinem Geschäft vom Willy-Brandt-Platz an den Niederwall umgezogen war, ist bis heute Innungsmitglied und arbeitet für alle Kassen - allerdings von seinem kleinen Studio neben dem Wohnhaus aus. Sein renommiertes Geschäft hatte er 2003 an einen jungen Nachfolger verkauft, inklusive dem eingeführten Namen »Hansen Optik«. Seit einigen Wochen ist der neue Eigentümer mit dem Geschäft in Insolvenz, das Ladenlokal geschlossen. »So etwas schmerzt enorm. Dieses Geschäft war doch mein Baby«, sagt Hans-Georg Hansen, dessen Sohn und Tochter wenig Ambitionen hatten, das Geschäft des Vaters fortzusetzen.
Der macht dafür aus seinem weitreichenden Erfahrungsschatz kein Geheimnis: »Ich berate gern, helfe Kollegen und fühle mich in meiner Zunft wohl, auch wenn ich kein Ladengeschäft mehr habe.« Die besondere Atmosphäre, ohne Leistungsdruck am Rande der Großstadt, vermittelt vielmehr einen eigenen Antrieb, sich auf jeden Kunden, jede Aufgabe zu freuen. Informieren kann man sich auch im Internet unter www.hansen-contactlinsen.de

Artikel vom 19.11.2005