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Der Impfstoff
reicht nicht aus

Jeder Zweite will Schutz vor Grippe

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). Deutschland geht der Impfstoff aus: Bereits 13 der 16 Bundesländer haben nach Angaben des NRW-Landesinstituts für den öffentlichen Gesundheitsdienst (Bielefeld) ihre Bürger aufgefordert, sich in diesem Jahr gegen Grippe impfen zu lassen.

Mit dieser öffentlichen Aufforderung gingen die Länder über die Empfehlungen des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert-Koch-Instituts hinaus, sagte Impfexperte Jürgen Rissland (38) dieser Zeitung. Rissland ist beim Landesinstitut Leiter des Grundsatzdezernates für Hygiene, Infektiologie und Impfwesen.
Lediglich in Bremen und Thüringen beschränke sich die Empfehlung auf Risikogruppen wie chronisch Kranke, Menschen über 60 Jahre, medizinisches Personal sowie Personen, die beruflich viel mit anderen Menschen zu tun hätten. In Hessen gelte die Impfaufforderung zwar auch für alle Bürger, es gebe aber eine Altersgrenze von 18 Jahren.
Durch eine Verunreinigung von vier Millionen Impfdosen seien in diesen Jahr zunächst nur 16 Millionen Impfdosen zugelassen worden. Die fehlenden vier Millionen seien erst seit kurzem auf den Markt. Eine Erhöhung der Produktion gebe es erst 2006.
Die Produktion habe sich an der Impfrate des vergangenen Jahres orientiert, die bei 25 Prozent lag, sagte Michael Schmitz von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (Münster). Aufgrund der Diskussion über eine mögliche Ausbreitung der Vogelgrippe oder eine länderübergreifende Grippe-Epidemie (Pandemie), sei die Impfbereitschaft auf 46 Prozent hochgeschnellt. Fast jeder zweite Deutsche wolle sich somit gegen Grippe impfen lassen. Sicher sei aber, dass lediglich 25 bis 30 Prozent abgedeckt werden könnten. Es sei nur möglich, durch Umverteilung große regionale Engpässe auszugleichen. Somit sollten sich die Risikogruppen vorrangig impfen lassen. Eine Schutzimpfung sei bis Ende Dezember möglich. Deshalb lohne sich in zeitlichen Abständen eine Nachfrage beim Hausarzt.
Auch der stellvertretende Geschäftsführer der Apothekerkammer Nordrhein, Stefan Derix, betonte, dass Impfstoff nicht unendlich nachproduziert werden könne. Derix: »Jeder Impfwillige, der nicht zu einer Risikogruppe gehört, sollte sich daher von seinem Hausarzt über eine Influenzaimpfung beraten lassen.«
Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe schützt eine »normale« Grippeschutzimpfung nicht vor einer eventuell auftretenden Vogelgrippe. Die Gefahr jedoch, dass sich durch die gleichzeitige Infektion mit menschlichen und tierischen Influenza-Viren ein neuer gefährlicher Virus entwickelt, werde durch die Grippeschutzimpfung stark eingedämmt.

Artikel vom 15.11.2005