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Eiger, Mönch und
Jungfrau locken

Das Berner Oberland hat viel zu bieten

Von Thomas Albertsen
Das Skifahren hat in letzter Zeit beim Winterurlaub in der Schweiz deutlich gegenüber anderen touristischen Angeboten an Attraktivität eingebüßt. Im Berner Oberland hat man sich rechtzeitig auf diesen Trend eingestellt. 80 Kilometer Winterwanderwege laden zu Füßen von Eiger, Mönch und Jungfrau zum erholsamen Spazierengehen in der Bergwelt ein.

Damit der Spass zum Beispiel in Grindelwald nicht zu kurz kommt, setzt Hänsel Brunner auf das immer populärere Schneeschuhtrekking. Wie in grauer Vorzeit die Pioniere der Alpenerkundung, brechen heute Touristen auf, um unberührte Schneelandschaften zu durchstapfen. Ziel ist zumeist eine urige Hütte, wo dann ein zünftiges Chääsfondue auf die Wanderer wartet. Aber Vorsicht: Schneeschuhwandern sieht harmlos aus, ist aber durchaus anstrengend und erfordert für längere Touren eine gute Kondition.
Auch Kunstfreunde kommen auf ihre Kosten. In Grindelwald, aber auch auf dem First und dem Männilchen haben renommierte Bildhauer aus aller Welt Schneeskulpturen geschaffen. Auch wenn Regen den Künstlern zunächst arg zusetzte, sägten und schabten sie dann doch noch eindrucksvolle Eisplastiken aus den riesigen gefrorenen Würfeln auf dem umfunktionierten Busbahnhof. Spektakuläre Lichtinstallationen und Musik des lokalen Jagdhornbläsercorps setzten der Szenerie ein Glanzlicht auf. Während diese Skulpturen allerdings im Frühjahr schmelzen, kann man im Eispalast auf dem Jungfraujoch das ganze Jahr über die gefrorenen Kunstwerke bewundern.
Wetterunabhängige Angebote - das zeigen die jüngsten Klima-Kapriolen deutlich - sind mehr denn je notwendig. Denn hängen Regen und Nebel erst mal fest in den Bergen, ist mit einer schnellen Wetteränderung nicht zu rechnen.
Stoppt Sturm den Betrieb von Seilbahnen, ist auch das Schilthorn, die Originalkulisse aus dem James-Bond-Film »Im Geheimdienst Ihrer Majestät«, gesperrt. Im autofreien Bergdorf Mürren bleibt dann aber noch der Spaziergang entlang der Bahntrasse über Winteregg zur Grütschalp.
Die Zahnradbahnen trotzen den Unbilden der Witterung hingegen viel besser. Zwar ist die Jungfraubahn von der Kleinen Scheidegg aufs Joch die technisch spektakulärste Bahn der Schweiz - ihr Betrieb macht jedoch ungleich weniger Probleme als die Zubringer von Grindelwald und Lauterbrunnen aus zur Kleinen Scheidegg, denn das Gros ihrer 9,3 Kilometer verläuft in Galerien und dem durch das Eigermassiv gebohrten sieben Kilometer langen Tunnel. 650 Mitarbeiter sind bei den Bahnen der Jungfrau-Region dafür verantwortlich, dass den Urlaubern unvergessliche Stunden im Schweizer Hochgebirge geboten werden.
Denn nur darum ging es seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, als die ersten Pläne für eine Bahn auf die Jungfrau geschmiedet wurden. Adolf Guyer hieß der Mann, dessen Vorschläge sich nicht nur am ehesten realisieren ließen - er trieb sein Projekt auch mit großer Umsicht und Blick für das jeweilig Machbare nach vorne. Kilometer für Kilometer wurden die Gleise himmelwärts verlegt - 2834 Meter verlaufen mit 25-prozentiger Steigung - und zugleich die Infrastruktur für die touristischen Attraktionen geschaffen. Willkommener Nebeneffekt: Die Einwohner des nahezu unzugänglichen Bergdorfs Wengen unterhalb des Lauberhorns waren nun nicht mehr auf Fussmärsche oder Maultiertransporte angewiesen.
Unglaublich: Schon 101 Jahre fahren Züge durch den Eigerfels. Durch ein Fenster können die Besucher aus der Eiger-Nordwand nach Grindelwald hinab blicken. Es sollte bis zum Jahr 1921 dauern, bis sie von Alpinisten erstamls durchstiegen wurde.
Und vor 99 Jahren ging die Station »Eismeer« in Betrieb. Heute werfen die Besucher nur ein paar Minuten ihre Blicke durch die Gucklöcher im Felsen auf das ewige Gletschereis. Seit 1912 ist die Station Jungfraujoch in Betrieb. Was kaum jemand weiß: Der Bahntunnel verläuft so, dass aus ihm heraus Aufzüge zu den Gipfeln von Eiger und Mönch gebaut werden könnten.
»Herrscher« über das Jungfraujoch ist Andreas Wyss. Nur er kann wirklich ermessen, was für ein Aufwand betrieben werden muss, um an Spitzentagen 6000 Touristen auf einer Höhe von 3500 Metern zu versorgen.
Während im Winter auf der Aussichtsplattform »Sphinx« und dem Joch-Plateau Wagemutige den eisigen Winden trotzen und sich freuen, wenn der Sturm mal die Wolken zerreißt und einen kurzen Blick auf die gewaltige Kuppe des Mönchs und den riesigen Aletschgletscher freigibt, bietet der Sommer ungleich mehr Unterhaltung. Dann kommen Skifahrer auf ihre Kosten, klettern Bergerfahrene am Rand des Gletschers herum und drehen Ausflügler ein paar Runden mit dem Huskyschlitten. Zu jeder Jahreszeit zugänglich ist der Eispalast mit seinen Skulpturen inmitten des Firneises des Aletschgletschers.
Wohl dem, der schmuddelige Wintertage, wenn der Sturm mit mehr als 200 Stundenkilometer über die Berge pfeift, in Interlaken, der hübschen Stadt zwischen Thuner und Brienzer See, verbringt und im Grand Hotel »Victoria Jungfrau« residiert. Denn dieses Haus ist eine der wenigen Adressen der Schweiz, die Wellness-Freuden auf höchstem internationalem Niveau bieten - ein Trend, den die meisten Hoteliers zwischen Basel und dem Tessin, Genf und Graubünden schlichtweg verschlafen haben. Für 11,6 Millionen Franken sind ein traumhaft großzügiges Bad und eine elegante Saunaanlage entstanden. Glanzpunkt ist jedoch die ultramoderne Schönheitsfarm, die sogar ein »private spa« enthält. Man muss übrigens nicht Hotelgast sein, um diese einzigartige Anlage zu nutzen - gerade für Touristen, denen das Wetter ein Schnippchen schlägt, also eine willkommende Alternative.
Das »Victoria Jungfrau« vereinigt unter seinem Dach übrigens die klassische Grand-Hotellerie in höchster Schweizer Vollendung wie auch die Annehmlichkeiten eines modernen Designerhotels. Dass diese Stilelemente miteinander harmonieren, ist nicht zuletzt dem Direktorenehepaar Emanuel und Rosmarie Berger zuzuschreiben, die das Haus seit mehr als 30 Jahren führen und es mit viel Augenmaß ins neue Jahrhundert geführt haben.

Artikel vom 15.11.2005