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Bedrohter Wandschmuck

Fotografien der Biedermeier-Tapeten aus Corvey

Von Stefanie Rose
Paderborn (WV). Einen seltenen Blick auf die bald 200 Jahre alten Tapeten in Kloster Corvey ermöglicht die Paderborner Kunstprofessorin Jutta Ströter-Bender mit ihrer Fotoausstellung in der Uni-Bibliothek.

Nicht mit dokumentarischem, sondern mit künstlerischen Blick fokussierte sie die noch erhaltenen Biedermeier-Tapeten in der Fürstlichen Bibliothek und im übrigen Schloss Corvey bei Höxter. Sie bieten weithin eine der seltenen Gelegenheiten, die Tapetenkunst dieser Epoche noch unrestauriert und in ihrer beeindruckenden Farbigkeit, Materialität und ihrem Motivreichtum zu entdecken.
Mit 33 Fotos, die sie in einem Zeitraum von drei Jahren anfertigte, ist es der Kunstprofessorin gelungen, die Atmosphäre der Vergangenheit und gleichzeitig den schleichenden Zerfall der hisorischen Gebrauchs-Kunstwrke bis zur Gegenwart einzufangen. Vielleicht hat sie hierzu eine der letzten Gelegenheiten genutzt. »In Corvey denkt man an eine Restaurierung der Tapeten«, so Ströter-Bender.
In der Einrichtungsmode des 19. Jahrhunderts galt es als vornehm, den Wänden eines jeden Raumes gemäß der Bestimmung eine andere Farbe zu geben. Das geschah durchaus im Sinne einer Farbpsychologie, auch wenn dies damals nicht so genannt wurde. So zeigt sich die Hintergrundgestaltung des einzigen außerhalb der Bibliothek in Corvey erhaltenen originalen Raumes, dem »Blauen Salon«, in einem repräsentativen, eleganten Weiß-Blau. Dieser Einrichtungsstil war allerdings nur von kurzer Dauer. Nach 1830 kamen andere Designs in Mode. Die Schlossräume von Corvey bieten in Europa eine der seltenen Möglichkeiten, diese außergewöhnlichen Luxustapeten noch im Originalzustand zu bewundern.
Die gezeigten Tapeten wurden auch damals schon in Fabriken hergestellt. Sie wurden in bis zu hundert Schichten übereinander handgedruckt. Schon damals waren sie nur für Wohlhabende erschwinglich. Heute sind die handbedruckten Wandtextilien so gut wie unbezahlbar.
Die Ausstellung ist noch bis zum 2. Dezember während der Öffnungszeiten der Universitätsbibliothek zu sehen.

Artikel vom 17.11.2005