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Bäcker ziehen gegen Bethel vor Gericht

Änderungskündigungen sorgen für Unmut - Vorstand dementiert weitere Schließungen

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Mit einem ersten Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Bielefeld wird heute der vermutlich letzte Akt des Existenzkampfes der Bäckerei Bethel eingeläutet. Insgesamt 35 Mitarbeiter wehren sich nun juristisch gegen drohende Versetzungen aufgrund von Änderungskündigungen.

»Eine Bäckerei ist nicht das Kerngeschäft der von Bodelschwinghschen Anstalten«, erklärte Bethel-Sprecher Jens Uwe Garlichs gestern unmissverständlich. Man habe über Monate hinweg die Übernahme des 130 Jahre alten Betriebes durch eine externe Bäckerei betrieben. Die Mitarbeiter hätten sich dagegen ausgesprochen, obwohl ihnen eine Arbeitsplatzgarantie und ein Rentenausgleich in Aussicht gestellt worden seien. Im Übrigen sei die Bäckerei renovierungsbedürftig, die Investitionen könne die Anstalt aber »nicht mehr tragen«.
Die Bäckerei beschäftigt 35 Angestellte, darunter sind drei Bäckermeister und fünf Behinderte. Den Vorwurf des Bethel-Vorstands, der Betrieb sei »unwirtschaftlich und nicht rentabel«, weisen die Beschäftigten zurück. Zwar werde pro Jahr ein Minus von 100 000 Euro geschrieben, doch hänge das mit der Stellung innerhalb der Anstalt zusammen, da eben intern nicht marktwirtschaftlich gearbeitet werde. Extern aber gebe es Kunden wie Altenheime und Großbetriebe. Zu Beginn dieses Jahres sei zudem über die Übernahme der Bäckerei Kaupmann verhandelt worden. Die Verhandlungen waren vom Bethel-Vorstand abgebrochen worden, dann plötzlich stand die Übernahme des Bethel-Betriebes durch einen Bielefelder Großbäcker im Raum. Arbeitsplatzgarantien habe »es nicht gegeben«, widersprechen die Mitarbeiter dem Vorstand. Zudem hätten drastische soziale Kürzungen gedroht.
Einschnitte stehen nun wohl aber trotzdem bevor, denn die von Bodelschwinghschen Anstalten haben allen 35 Mitarbeitern Änderungskündigungen ins Haus geschickt. Sie bedeuten zunächst eine Umsetzung in andere Bereiche Bethels. In dem heute zu verhandelnden Fall droht einem Bäckermeister die Anstellung als Hausmeister in Eckardtsheim. Andere Mitarbeiter sollen in Putzkolonnen tätig werden, sie befürchten »Gehaltsabzüge bis zu 50 Prozent«.
Die Kündigungen sind auf Ende des Jahres 2005 und auf den 31. März 2006 datiert. Der Bäckerei-Betrieb soll zum 31. Dezember eingestellt werden, Bethel wird also massive Gehaltskosten tragen.
Garlichs dementierte gestern weitere Schließungen von Handwerksbetrieben wie der Wäscherei, der Tischlerei oder der Schlosserei. Lediglich die Kfz-Werkstatt werde 2006 abgegeben. Dem WESTFALEN-BLATT liegen jedoch Informationen vor, wonach auch die Wäscherei veräußert werden soll. Ein Fachbetrieb aus Baden-Württemberg hat nach eigenen Angaben die Leitung bereits »probeweise übernommen«.

Artikel vom 08.11.2005