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Jeder zweite Alm-Besucher hat Abitur

Anstoß zur Vorlesungsreihe »Kopf-Ball« in der Bielefelder Universität - 170 Besucher

Von Dirk Schuster (Text und Foto)
Bielefeld (WB). Noch 216 Tage bis zur Fußball-Weltmeisterschaft. Alle, die das eine endlos lange Zeit finden, unterhält das Absolventennetzwerk der Uni Bielefeld mit der Vorlesungsreihe »Kopf-Ball«. Donnerstag war Anstoß. Thema der Auftaktveranstaltung: Motivstrukturen von Fußballfans am Beispiel von Arminia Bielefeld.

Was staubtrocken klingt, entpuppte sich als äußerst aufschlussreich. Das lag auch an Wilfried Ferchhoff. Der Sozialpädagogik-Professor der Uni Bochum machte aus der Vorlesung eine Radioreportage, weckte beim Auditorium im voll besetzten Hörsaal 14 (170 Plätze) das Gefühl, es lauschte der samstäglichen Bundesliga-Konferenz bei WDR 2.
Ein Erst- und ein Zweitligaspiel der Arminia diente den Bielefelder Studenten als Grundlage ihres Forschungsprojekts, bei dem es um die Einstellungen und Erwartungen von Stadionbesuchern und die Frage »Was fasziniert am Fußball?« ging.
2000 Stadionbesucher wurden befragt, die Auswertung ergab Überraschungen. Oder hätten Sie gedacht, dass sich noch weniger als zehn Prozent der Anhänger vor einem Arminia-Spiel in der Kneipe treffen? 16 Prozent sind es hinterher - auch kein Wert, der Vorurteile über Fußballfans nährt.
80 Prozent der Stadionbesucher, auch das ergab die Umfrage, seien männlich. Bei 20 Prozent dürfte am Donnerstag auch der Frauenanteil in Hörsaal 14 gelegen haben. Die meisten Stadiongäste sind übrigens zwischen 21 und 30 Jahre alt (27 Prozent), nur 9 Prozent sind älter als 51.
Sie glauben, Fußballfans sind Proletarier? 50 Prozent der befragten Alm-Gäste haben Abitur oder Fachabitur, nur 2 Prozent dagegen keinen Schulabschluss. Und auch nach Berufen erkundigten sich die Studenten. 31 Prozent sind Angestellte, 25 Prozent Schüler, neun Prozent Studenten und 0,8 Prozent Bundeswehrsoldaten.
Die Vermutung, dass Arminia ein Verein mit stark regionalem Bezug ist, hat die Auswertung der Umfrage bestätigt. 91 Prozent der Gäste kommen aus Ostwestfalen-Lippe, 42 Prozent sogar direkt aus Bielefeld.
Eine Typologie der Fans, die Diplom-Soziologe Wolfgang Schweins (Uni Bielefeld) erstellte, ergab, dass sich 83 Prozent der Befragten nicht nur am Spieltag, sondern auch während der Woche für Arminia interessieren, 82 Prozent mit anderen über den Verein diskutieren. 81 Prozent gaben an, dem DSC treu zu bleiben, egal in welcher Liga er spiele, 24 Prozent der Stadionbesucher seien wegen der Gastmannschaft da. Schweins, wegen seiner Sympathien für die Vereine Borussia Mönchengladbach und Arminia Bielefeld zu den »geteilten Fans« zählend, präsentierte zum Abschluss der 90-minütigen Veranstaltung eine Standortbestimmung. Eine dauerhafte Zugehörigkeit Arminias zur 1. Bundesliga, das habe die Auswertung ergeben, sei als außergewöhnliche Leistung zu werten.
Donnerstag, 10. November, wird die Vorlesungsreihe fortgesetzt. Thema dann: Manipulation im Profifußball.

Artikel vom 05.11.2005