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Gesamteindruck von
Größe und Erhabenheit

Monteverdis »Marienvesper« beschloss Chorfesttage

Von Gerd Büntzly
Herford (HK). Einen großartigen Abschluss der 4. Herforder Chorfesttage lieferte die Hochschule für Kirchenmusik mit Claudio Monteverdis »Marienvesper«. Sieben Solisten sind erforderlich für dieses Werk, ein bis zu zehnstimmiger Chor sowie ein historisch besetztes Orchester. Hildebrand Haake hatte unter seiner Leitung alles zusammen gebracht: außer den Solistinnen und Solisten die »Hannoversche Hofkapelle« und die Westfälische Kantorei.

Eine »Marienvesper« besteht aus einer Reihe von Psalmen und Hymnen, von denen das Magnificat der bekannteste ist. Die Musik Monteverdis, so fern sie unserer Zeit stehen mag, ergreift durch die Verbindung des rituellen Psalmtons mit expressiven Ausbrüchen bei den Solisten und im Orchester. Der Gesamteindruck war der von Größe und Erhabenheit. Hildebrand Haake wusste die zahlreichen Mitwirkenden zu einem vielstimmigen Klangkörper zu vereinen.
Die sieben Solisten sind besonders hervorzuheben: Der klare Sopran von Veronika Winter vereinigte sich aufs Beste im Duett mit der dunkleren Stimme von Heidrun Luchterhandt. Erstaunlich übrigens, dass der Komponist den Text »Nigra sum«, in dem die Geliebte des Königs spricht, nicht etwa dem Sopran, sondern dem Bassisten (Albrecht Pöhl) zuweist, und die Antwort des Geliebten, »Pulchra es«, den zwei Sopranistinnen! Dem Tenor Max Ciolek wurde in zwei Sätzen des Werkes das Echo übertragen, das er von einer entfernten Empore aus zu singen hatte. Die Architektur des Herforder Münsters bot sich für einen solchen Effekt bestens an. Wilfried Jochens, der das »Original« darstellen durfte, lieferte es mit Temperament und Virtuosität. Als Countertenor (Altus) war Ralf Popkens verpflichtet worden. Er brillierte im Terzett mit den beiden Damen sowie solo im »Ave maris Stella« und im Magnificat.
Der Chor hätte gelegentlich etwas mehr Kraft und Stimmvolumen aufweisen können; dann aber überraschte er durch ein zartes Pianissimo, das den Intentionen des Werkes aufs Beste entsprach. Das Orchester wies eine Theorbe auf, die neben der Orgel besonders für die Rezitative eingesetzt wurde. Wunderschön erklangen die Zwischenspiele, etwa zu »Ave maris stella«, mal mit Blockflöten, mal mit Blechbläsern.
Nach Abschluss der Aufführung herrschte in der voll besetzten Münsterkirche lange ergriffenes Schweigen. Dann aber wollte der Beifall nicht enden, bis sich alle Zuhörer von ihren Sitzen erhoben hatten, um so die Musiker zu ehren.

Artikel vom 25.10.2005