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Finanznot lässt die Kirche nicht mehr im Dorf

Kreissynode macht sich Gedanken über die Zukunft und tief greifende Neustrukturierungen

Bünde (bex). Bleibt die Kirche im Dorf oder muss das Kirchturmdenken überwunden werden? Wie die Arbeit in den 32 Gemeinden des Kirchenkreises in den nächsten Jahrzehnten aussehen könnte, darüber machten sich die Teilnehmer der Kreissynode Gedanken.
Denn die Mitgliederzahlen schrumpfen kontinuierlich - und damit die finanziellen Mittel.
Keine gravierenden Entscheidungen standen für die Synodalen im Herforder Lutherhaus an. So nutzten sie das Wochenende zu einer »Orientierungs-Synode«, wie Superintendent Gerhard Etzien es nannte. Doch auch die hatte es in sich. Auf lange Sicht, so die These von Privatdozentin Dr. Uta Pohl-Patalong (Hamburg), stehe das Modell der Ortsgemeinde zur Disposition.
»Konkret bedeutet dies: Weg von den vielen Ortsgemeinden, hin zu weniger Gemeindeorten, an denen jeweils bestimme Schwerpunkte gesetzt werden«, erläuterte Etzien. An diesen Gemeindeorten müsse das gemeinschaftliche Kirchenleben der einzelnen Gemeindegruppen mit den übergeordneten synodalen Diensten (Diakonie, Bildung, Beratung) verknüpft werden. Nicht nur Gemeindehäuser, beispielsweise auch das evangelische Lukas-Krankenhaus könne ein solcher Ort sein. Dort würden dann allgemeine Gottesdienste, nicht nur für die Patienten, oder die Ausbildung der »Grünen Damen« angeboten. Auch weiter gehende Schwerpunktbildungen im Bereich der Kirchenmusik seien denkbar. »Wir müssen weg vom reinen Defizitmodell.« Die Zahl der »Betriebsstätten« müsse gesenkt, die Qualität jedoch gehalten werden - ein Spagat. »Für Herford bedeutet das, dass es in 20 Jahren vielleicht nur noch fünf Orte der Kirche geben wird.« Diese völlige Neustrukturierung beinhalte die Wahlfreiheit eines jeden Gläubigen für einen dieser Orte, feste Gemeindezugehörigkeiten würden dann der Vergangenheit angehören. Eine Analyse der kreiskirchlichen Immobilien ist bereits veranlasst.
Der Kirchenkreis Herford hat noch 136 000 Mitglieder. Diese Zahl schrumpft jährlich um gut ein Prozent. Verantwortlich dafür sind erst an dritter Stelle die Kirchenaustritte. Mehr Todesfälle als Geburten sowie der Wegzug evangelischer Christen in andere Regionen wiegen schwerer.
Die Kreissynode verabschiedete zudem einstimmig eine neue Finanzsatzung zur Anpassung an das neue Finanzausgleichsverfahren der Landeskirche. Außerdem schlossen sich die Synodalen der Entscheidung der anderen drei Kirchenkreise im Kirchenkreisverband an, eine Kirchensteuer freie Finanzierung der Bildungs- und Begegnungsstätte Haus Reineberg bis 2008 zu erreichen.
Wird bis dahin keine neue wirtschaftliche Grundlage für das Haus geschaffen (Einnahmenerhöhung, neuer Träger), wird es geschlossen.

Artikel vom 25.10.2005