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Kammerspiele-Vertrag
ist null und nichtig

Volksbank muss Stadt jetzt Angebot unterbreiten

Von Rüdiger Kache
Paderborn (WV). Der Brief der Europäischen Kommission für das Vergabewesen schlug gestern in Paderborn ein wie eine Bombe: Alle Karten für den Neubau der Kammerspiele müssen neu gemischt werden. Alle mühsam zwischen Bürgermeister Heinz Paus und Volksbank-Chef Dr. Ulrich Bittihn ausgehandelten Punkte im Vorvertrag sind formal nichtig. Um überhaupt noch diesen Kompromiss zustande zu bringen, musste die Volksbank aus dem Vertrag einseitig aussteigen.

Damit ist zwar das durch Harald Kayser mit ausdrücklicher Unterstützung des Vorstandes der Freien Bürger-Initiative (FBI) angestrengte Prüfungsverfahren der EU wegen nicht erfolgter europaweiter Ausschreibung des 20-Millionen-Projektes nicht wirklich entschieden worden - doch im Ergebnis komme der Spruch aus Brüssel einem Erfolg der FBI-Strategie gleich, bestätigte gestern FBI-Vorsitzender Hartmut Hüttemann.
Die Freie Bürger-Initiative, die »auf jeden Fall Kammerspiele für Paderborn will«, favorisiert nach wie vor den Standort Abdinghof und hofft, dass der Rat darüber noch einmal intensiv nachdenkt. Das wird er ohnehin müssen, denn die Modalitäten des bereits in allen kommunalen Gremien bestätigten Vorvertrages müssen noch einmal völlig neu definiert und dann erneut im Rat und im Aufsichtsrat der Volksbank beschlossen werden.
Die offiziele Lesart: Weil sich die Volksbank »aus wirtschaftlichen und technischen Gründen« gezwungen sah, für das Grundstück Kötterhagen eine neue architektonische Planung herbeizuführen, komme ein Theater als solitäres Bauwerk mit einem eigenen architektonischen Profil innerhalb des gesamten Komplexes mit Bankräumlichkeiten und Tiefgarage nicht mehr in Betracht, schrieb Ugo Bassi als zuständiger Sachbearbeiter der EU-Kommission. Auch seien die Planungen so modifiziert worden, dass in dem als Theater bislang vorgesehenen Gebäudeteil durchaus auch ein Stadthotel betrieben werden könne.
Ugo Bassi verweist darauf, dass nach Ansicht der Volksbank die Geschäftsgrundlage für den Vorvertrag entfallen sei und man nicht mehr bereit sei, Theaterräume nach den Vorgaben der Stadt zu errichten. Stattdessen werde die Volksbank der Stadt ein Angebot über Theaterräume nach Plänen der Bank unterbreiten, die sie annehmen oder aber ablehnen könne. Damit, so Bassi weiter, könne die EU keine Anzeichen mehr für einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts erkennen und werde das Verfahren wohl einstellen.
Bürgermeister Heinz Paus bestätigte gestern auf Anfrage, dass es diesen Kompromiss gebe und gab sich zuversichtlich, dass alle Entscheidungsgremien auch unter veränderten Vorzeichen das Konzept weiter verfolgen und zum Abschluss bringen. Auch der zeitliche Rahmen könne noch eingehalten werden, wenn die Volksbank Anfang 2006 ein Vertragskonzept vorlege, dem der Rat zustimmen könne.
Auch wenn jetzt ein neuer Vertrag auf den Tisch muss: Ein Schelm, der Schlimmes dabei denkt, wenn die Volksbank sich eng an den bereits beschlossenen Plan hält, den man bereits gemeinsam durchgefochten hat...

Artikel vom 25.10.2005