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Menschen in unserer Stadt
Josef Kiefer
Rentner

Er hat als Friseur in Spanien gearbeitet, im Irak als Holztechniker, war als Koch beschäftigt und ist mit dem Moped nach Afrika gefahren - Josef Kiefer hat in seinem Leben schon einiges auf die Beine gestellt. Doch seine große Leidenschaft gehört den Heilkräutern. Bereits als dreijähriger Bub hat er es seiner Mutter gleich getan und Kräuter gesammelt.
Das war in seiner Heimat Oberkirch im Schwarzwald. Mittlerweile kennt der 80-Jährige, den man allenfalls auf Ende 60 schätzt, Kräuter auf der ganzen Welt. Zwischenzeitlich hat der gelernte Kaufmann als Urlaubsbegleiter gearbeitet und auf den Reisen nach China, Russland und in die Türkei jede Gelegenheit genutzt, die Flora zu erkunden. »Ich habe eine Anzeige als Reisebegleiter aufgegeben und so die Welt kennen gelernt«, erklärt er verschmitzt.
Josef Kiefer hat Enger zu seiner Wahlheimat erklärt. Zunächst trieb ein Zufall ihn in die Widukindstadt. Als Kriegsgefangener der Briten sei er von 1946 bis 1948 für eine Kontrollkommission im Einsatz gewesen. Als er aus der Gefangenschaft entlassen wurde, konnte er nicht in seinen Heimatort zurück - er blieb kurzerhand in der Widukindstadt. Hier wohnt er seit 57 Jahren. Josef Kiefer ist zwar immer viel in der Welt herumgereist, doch Enger ist er seitdem treu geblieben.
Noch heute sammelt Josef Kiefer Kräuter, obwohl ihm Hüfte und Knie zu schaffen machen. Auch eine Operation an der Herzklappe hat er schon hinter sich. Doch das kann ihn nicht bremsen. Vielmehr bedauert er, dass der Tag nur 24 Stunden hat. Das Sammeln der Kräuter ist mühselig, berichtet Kiefer aus eigener Erfahrung. Viele Menschen wunderten sich, dass die Kräuter so teuer seien, ärgert sich der Rentner. »Doch die Kräuter können nur dort gesammelt werden, wo keine Hunde laufen und Straßen weit genug entfernt sind.« Für Kiefer bedeutet das so manchen Fußmarsch von einer Stunde und länger.
Früher hat er häufiger auch im Auftrag von anderen Menschen gesammelt. Heute ist sein eigener Bedarf größer, betont Kiefer. Kerstin Sewöster

Artikel vom 25.10.2005