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Elektrisierender »Wortstrom«

Micha-El Goehre (30) ist als Autor und auf Lesebühnen erfolgreich

Von Uta Jostwerner und
Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Mit acht Jahren spendeten die Klassenkameraden seinen selbst verfassten Cowboy-Geschichten den ersten Applaus. 22 Jahre später hat Michael Goehre seine ungehobelten Helden vom Wilden Westen in die Szene der Popkultur verlegt. Frech und rotzig geben sie den Ton an in den Geschichten, die druckfrisch bei »Wunschkind«, einem spontan vom Comedian Ingo Oschmann gegründeten Verlag, erschienen sind.

Aus der Szene für die Szene konstruiert der 30-Jährige skurrile Geschichten. Aus Alltagsbeobachtungen schält er absurde Ideen, melancholische Momente und derb-deftige Situationen heraus, um sie in bisweilen ungeschminkter Sprache zu Papier zu bringen. Das Beste aus den vergangenen Jahren liegt nun unter dem Titel »Wortstrom« in gebundener Form vor.
Ursprünglich sollte damit lediglich der Wortfluss impliziert werden. Doch die Doppeldeutigkeit des Wortes inspirierte Goehres Covergestalter Markus Freise dazu, die elektrisierende Wirkung der Texte stärker in den Vordergrund zu stellen. Und ein wenig schwingt etwas vom Event- und Performance-Gedanken der szenetypischen Literaturlesungen mit, wenn Freise der Titelfigur eine Steckdose auf den Mund setzt und ein Stromkabel in die Hand gibt.
In der so genannten Poetry-Slam-Szene ist Michael Goehre, der, um sich abzuheben, mittlerweile mit Micha-El unterzeichnet, kein Unbekannter mehr.
Seit 2003 tingelt er über die Bielefelder Lesebühnen und die des Landes und präsentiert ständig neue Texte, die vom Publikum per Applausstärke beurteilt werden. Da wird die Schriftstellerei zur Disziplinsache, denn »das Stammpublikum will ständig was Neues«, sagt der Jungautor.
2004 nahm er mit Wortstrom im Gepäck zum ersten Mal am Schweizer Comedy-Festival teil, nach einigen Siegen bei Slam-Poetrys wurde er in diesem Sommer Jahressieger des Bielefelder Poetry Slam. Als solcher darf er Ende Oktober seine Stadt beim »German International Poetry Slam« in Leipzig vertreten.
Es geht bergauf mit dem gebürtigen Gütersloher, der 1995 nach Bielefeld zog, wo er am Oberstufenkolleg Philosophie und Musik studierte, sich dann aber doch gegen ein Aufbaustudium an der Universität entschied, um sich ganz aufs Schreiben zu konzentrieren.
In der Folgezeit arbeitete Goehre als DJ sowie zeitweilig als freier Mitarbeiter beim WESTFALEN-BLATT. Mit der aufblühenden Poetry-Slam-Szene entdeckte er die Lesebühnen für sich und musste zu seinem Erstaunen feststellen, dass vieles, was er bislang im stillen Kämmerlein für sich geschrieben hatte, beim Publikum gut ankam..
Bei den Lesungen, die stark vom Performance-Charakter geprägt sind, half ihm auch das Bühnentraining, das ihm die Jahre als Sänger und Bassist einer Band eingebracht hatten.
Wortstrom ist überall im Buchhandel erhältlich.
Weitere Informationen im Internet unter:
www.michael-goehre.de

Artikel vom 20.10.2005