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Der Künstler als Master:
Segen oder Katastrophe?

FH für Gestaltung stellt neuen Studienabschluss vor


Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). In scharfen Worten hat Prof. Jochen Geilen, Dekan der FH für Gestaltung, die zwangsweise Umstellung der FH vom Diplom-Studiengang auf das Bachelor/Master-System angegriffen. Das Konzept des jetzt eingeführten Masters ist Gegenstand eines Symposiums am Freitag.
Die FH an der Lampingstraße ist die erste ihrer Art in NRW, die den neuen Master-Studiengang anbietet. »Ein klarer Wettbewerbsvorteil«, stellt der designierte FH-Dekan, Prof. Martin Deppner, fest. »Wir haben aus den unsinnigen Vorgaben der Politik das Beste gemacht.«
Deppner zählte die Vorteile auf: Der Master-Abschluss ermöglicht den Einstieg in den Höheren Dienst und den nahtlosen Anschluss einer (zugegeben: selten angestrebten) Promotion. Die Bielefelder FH als Vorreiter dürfe sich Hoffnungen machen, in ihrem Bestand erhalten zu bleiben, sie ziehe auswärtige Studenten an, »und für einige bedeutet die Kombination Bachelor/Master ja auch die Ausweitung der Studienzeit auf zehn Semester gegenüber den acht Diplomsemestern.«
Eine Bewerbung, die neben der traditionellen Mappe eine Projektskizze enthält, an deren Realisierung der künftige Master vier Semester lang arbeitet, 60 Prozent kreative Arbeit plus 40 Prozent Theorie sowie eine konsequente (Kritiker sagen: verschulte) Führung zum Abschluss bewertet Deppner positiv. Allerdings gab es an der FH bereits vor der Reform signifikant wenige Studienabbrecher und kaum Langzeitstudenten.
Aus organisatorischen Gründen und weil die Bewerbungsanforderungen an die Studenten gestiegen sind, wurden zum Wintersemester zunächst nur zwölf von 30 Master-Plätzen besetzt. Es laufen Verhandlungen über die Einführung des Bachelor-Studiengangs in spätestens zwei Jahren.
Der aus dem Amt scheidende Dekan Jochen Geilen hält die Umstellung gerade in den künstlerischen Fächern für katastrophal. »Die Verkürzung von acht auf sechs Semester beim Bachelor verhindert, dass sich der junge Künstler selbst findet. Es fehlt die Zeit, sich in eine 20 000-jährige Kunsttradition einzuordnen.« Mit dem Bachelor-Abgänger schaffe man ein »akademisches Proletariat«; wünschenswert wäre der Master-Abschluss für jeden, »aber dafür gibt es ja gar nicht genug Plätze.« Geilen befürchtet, hier würden »zwei Studentengenerationen verheizt« und das segensreiche Prinzip »Bildung für alle« preisgegeben.
Beim Symposion stellen sich die Fachrichtungen (Grafik, Gestaltung und Mode) vor. Parallel läuft eine Ausstellung mit 14 Fotoserien zum Thema »Jüdisches Leben in Deutschland«.

Artikel vom 13.10.2005