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Wirtschaft Vorrang geben

Heute im Gespräch: GEEF-Präsident Michael Worley

Bielefeld (WB). Auch nach dem Untergang des Sozialismus wird Europa unter einer »Sozialen Agenda« geführt. Michael Worley, britischer Stahlhändler und Präsident der GEEF (Groupement Européen des Enterprises Familiales), fordert im Gespräch mit Bernhard Hertlein als Schritt zur »Wirtschaftsagenda« eine steuerliche Besserstellung der Unternehmer.
Michael Worley spricht für die Familienunternehmen in Europa.

Vor mehr als 15 Jahren fiel der Eiserne Vorhang. Bedeutete das Ende des real existierenden Sozialismus schon den endgültigen Sieg des Kapitalismus?Worley: Nein, denn es gibt niemals endgültige Siege. Der Niedergang des Sozialismus hat uns nur neue Chancen eröffnet -Êund neue Herausforderungen geschaffen. Unter solchen Voraussetzungen macht es noch mehr Spaß, Unternehmer zu sein. Allerdings gibt es schon wieder Regierungen, die uns diesen Spaß nicht gönnen.

Deutschland diskutiert über Heuschrecken in der Wirtschaft. Bestimmte Anleger engagieren sich bei einem Unternehmen, ziehen ihren Profit und hinterlassen anschließend eine kahlgefressene Landschaft. Fühlen Sie irgendeine Art von Sympathie für diese deutsche Debatte?Worley: Solche Diskussionen sind in der Regel eher dazu geeignet, Unternehmern den Spaß an der Arbeit zu nehmen. Allerdings sind in diesem Fall meiner Meinung nach Familienunternehmen ohnehin nicht betroffen. Wir haben schließlich nur eines im Sinn: Unsere Kunden, Lieferanten, Mitanteilseigner und Arbeitnehmer glücklich zu machen, damit das Unternehmen weiter besteht.

Genießen Unternehmer in Europa das Ansehen, das sie verdienen?Worley: Insgesamt entwickelt sich unser Ansehen zum Besseren -Êin Deutschland, so fühle ich, allerdings besonders langsam. Es ist noch ein weiter Weg, bis die derzeit vorherrschende »Soziale Agenda« durch eine »Wirtschaftliche Agenda« ersetzt sein wird.

Was bemängeln Sie an der deutschen Politik besonders?Worley: Das Steuersystem -Êweil es Personengesellschaften, statt sie zu begünstigen, benachteiligt. In einigen osteuropäischen Staaten wie beispielsweise Estland sind die Unternehmer schon weitaus besser gestellt.

Kann die Wirtschaft von Familienunternehmen mit einer so langen Tradition wie die Möller-Werke etwas lernen?Worley: Na klar. Wenn ein Betrieb 275 Jahre existiert, kann er bislang nicht viel falsch gemacht haben. An erster Stelle nenne ich die Glaubwürdigkeit und das große Verantwortungsbewusstsein auch für die Gesellschaft, die das Unternehmen in seiner langen Geschichte bisher geprägt haben.

Artikel vom 30.09.2005