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»Trichter« Informatik
reduziert die Datenflut

Uni: Auswertung medizinischer Bilder wird verbessert


Von Sabine Schulze
Bielefeld (WB). Dem Krebs ist die Medizin mit vielfältigen Methoden auf der Spur. Bildgebende Verfahren sind ein besonders wichtiger Baustein. Neben die Röntgenaufnahme tritt - noch selten - die Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT), die eine Serie von Bildern liefert. Daran, diese Bilder zu klassifizieren und ihre Ergebnisse für Mediziner benutzerfreundlich und eindeutig auf nur einem Bild darzustellen, arbeiten Informatiker der Universität Bielefeld.
Seit Jahren bereits befasst sich Dr. Ing. Tim Nattkemper, Juniorprofessor an der Technischen Fakultät und Fachmann für Angewandte Neuroinformatik, damit, die Auswertung von medizinischen Bildern zu objektivieren und den Medizinern Interpretationshilfen zu geben. Beispielhaft widmet er sich der Brustkrebsdiagnostik. »Unsere Kooperationspartner, die uns Bildmaterial zur Verfügung stellen, sind vor allem das National Institute of Cancer Research in London, aber auch eine große radiologische Praxis in München.«
Aktuell geht es Nattkemper und seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter, dem Doktoranden Axel Saalbach, darum, die Daten einer Zeitserie so zu komprimieren, dass die relevante Information auf einem Bild erscheint. »Das ist dann für den Arzt leicht zu interpretieren.« Die Aufgabe der Informatik, beschreibt es Nattkemper, bestehe hier also quasi darin, ein umgekehrter Trichter zu sein, der eine Flut von Daten reduziert.
In aller Regel, so Saalbach, betrachten die Mediziner nur zwei MRT-Bilder: das erste, das vor der Gabe von Kontrastmittel gemacht wurde, und ein weiteres, auf dem es sich in auffälligem Gewebe angereichert hat. »Dabei ist aber auch der weitere Verlauf wichtig für die Entdeckung eines Tumors; denn die Frage, wie schnell das Kontrastmittel abgebaut wird, sagt etwas über die Bösartigkeit eines Tumors«, erklärt Nattkemper.
Saalbach hat also ein Programm geschrieben, das ähnliche Signale, die über einen Zeitraum von mehreren Minuten abgegeben und auf einer Reihe von Bildern festgehalten werden, auf einer einzigen runden Farbpalette in ähnliche Farben übersetzt. Dabei können auch bisher unerkannte, kleinste Tumore oder Gewebeauffälligkeiten, die sich erst auf einem vierten oder fünften Bild zeigen und bislang mit großer Wahrscheinlichkeit unbeachtet geblieben wären, entdeckt werden. »Bei dem hohen Durchsatz von Bildern, die ein Radiologe begutachten muss, bedeutet dieses Verfahren eine große Zeitersparnis«, betont Nattkemper. Optimal allerdings, meinen die Wissenschaftler, wäre eine Verknüpfung mit der genetischen Analyse von Zellgewebe, das bei einer Biopsie entnommen wurde: »Das brächte viel Sicherheit.«

Artikel vom 30.09.2005