28.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Pastor bleibt vorerst im Amt

Blankenhagener Gemeinderat ist angesichts der Vorwürfe fassungslos

Von Peter Bollig
Gütersloh (WB). Trotz seiner Äußerungen über seine sexuellen Kontakte zu jungen Männern darf Pastor Hermann Josef S. aus Blankenhagen weiterhin seine Tätigkeit ausüben. Die Neigungen des katholischen Priesters waren am Montag vor dem Bielefelder Landgericht zum Thema geworden, wo er als Zeuge aussagte (das WB berichtete).

Eine Suspendierung oder Beurlaubung sei derzeit nicht geplant, erklärte Markus Freckmann von der Pressestelle des Paderborner Generalvikariats. Langfristig werde aber nach einer neuen Stelle für den Geistlichen gesucht. Die Vorwürfe gegen den Pastor »werden sehr ernst genommen«, die Vorgänge, insbesondere auch das Strafverfahren, bei dem Pastor S. als Opfer des brutalen Überfalls als Zeuge aussagte, würden beobachtet, zudem werde intern ermittelt.
Das Generalvikariat befürchtet eine Vorverurteilung aufgrund von Gerüchten, man wolle auch die Person des Pastors schützen, heißt es, schließlich müsse man allen Beteiligten gerecht werden. Dass die Vorwürfe allerdings mehr sind als nur Gerüchte, dafür musste Pastor Hermann Josef S. selber beitragen. In stundenlanger Befragung durch Richter und Rechtsanwälte hatte der Geistliche unter anderem eingeräumt, mit den jungen Männern - einer davon war gerade mal 15 Jahre alt - über Sex geredet zu haben und mit einem 18-Jährigen auf dem Weg ins Schlafzimmer gewesen zu sein, als er von den vier jungen Leuten zusammengeschlagen und beraubt worden sei.
In der Pfarrgemeinde Heilige Familie ist man angesichts der Vorfälle fassungslos. Gerüchte habe es seit dem Überfalls auf den Pastor im Juni gegeben, sagte Pfarrgemeinderats-Vorsitzender Heinz-Josef Wiemann. Angesichts der Eingeständnisse des Priesters sei man nun sehr »überrascht über das Ausmaß« der Geschehnisse. Der Gemeinderat tagt wieder Mitte Oktober, aber schon in den nächsten Tagen wolle man sehen, ob das Gremium im Vorfeld zusammenkommt, um über eine weitere Verfahrensweise zu sprechen. Allerdings, so Heinz-Josef Wiemann, habe der Pfarrgemeinderat keine Befugnis, Personalentscheidungen zu treffen.
Die Zusammenarbeit des Pastors mit den jungen Leuten der Gemeinde war schon in der Vergangenheit Anlass zur Kritik des Pfarrgemeinderates. Dabei ging es allerdings eher darum, dass sich der Priester zu wenig um die jungen Leute kümmerte. Dabei habe es zwischen seinem Vorgänger, Pfarrer Eppelt, und den Mitarbeitern des Jugendheims und den Jugendlichen selbst immer ein gutes Verhältnis gegeben. Pastor S. indes habe in der Jugendarbeit immer eine »sehr düstere Art des Unterrichts« gepflegt. Umso weniger passt sein »sehr konservativer Stil« zu seinem sehr laxen privaten Umgang mit den jungen Leuten.
Der Priester wird weiter am Altar stehen und seinen üblichen Tätigkeiten nachgehen, einschließlich der Arbeit mit Jugendlichen. Wiemann: »Es gehört schon viel Mut dazu, sich wieder vor die Gemeinde zu stellen.« Das Generalvikariat verweist bei seiner Einschätzung des Falles auf eine »größere Erfahrung mit derartigen Fällen«. Mit fachlicher Unterstützung, so Markus Freckmann von der Pressestelle, gehe man diese Dinge an. »Wenn wir die Notwendigkeit eines schnellen Eingreifens gesehen hätten, wäre das geschehen.«
Bei dem Überfall hatten die Täter den Priester um etwa 1300 Euro erleichtert. Hermann Josef S. zufolge handelt es sich bei dem Geld ausschließlich um sein privates, nicht um kirchliches Geld.

Artikel vom 28.09.2005