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Vorwürfe nicht
ganz aus der
Welt geschafft

Anwalt muss Geldbuße zahlen

Von Michael Nichau
Espelkamp/Minden (WB). Gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 5 000 Euro ist ein Gerichtsverfahren gegen einen Rechtsanwalt aus Espelkamp vor dem Mindener Schöffengericht eingestellt worden. Dem Anwalt wurde der Versuch vorgeworfen, zur Falschaussage angestiftet zu haben. In einem anderen Fall wurde ihm zur Last gelegt, jemanden dazu bewegt zu haben, zur Falschaussage anzustiften.

Die konkreten Geschehnisse, auf die sich die Anschuldigungen stützten, liegen bereits zwei Jahre zurück: Im Fall einer Vergewaltigung in der Ehe habe der Anwalt (er war für den Ehemann tätig) versucht, auf die Frau einzuwirken, ihre Strafanzeige zurückzuziehen, so der Staatsanwalt. Im Fall der Trunkenheitsfahrt einer anderen Frau hätte der Anwalt die von ihm vertretene Fahrerin dazu animiert, auf eine Zeugin einzuwirken, dass diese ihre Aussage zurückziehen solle. So präsentierte sich dem Gericht unter dem Vorsitz von Richterin Petra Niewerth der Fall nach Aktenlage.
Inzwischen wurde der Ehemann der 33-jährigen Frau, die sich - inzwischen geschieden - ein neues Leben aufgebaut hat, vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. »Allerdings nach dem Grundsatz: Im Zweifel für den Angeklagten«, ließ die Richterin verlauten, die die Hauptverhandlung selbst geführt hatte. Gestern wurde die 33-jährige Ex-Ehefrau erneut mit Hilfe eines Dolmetschers befragt. Laut ihrer Aussage habe sie der beschuldigte Anwalt persönlich in ihrer Wohnung aufgesucht und ihr erklärt, dass es für ihren (damals Noch-) Ehemann »schlecht« wäre und Konsequenzen für seine Zukunft hätte, wenn sie ihren Strafantrag nicht zurückziehen würde.
Der Anwalt erklärte in seiner Stellungnahme, dass er das Ehepaar vorher schon vertreten habe und dass er lediglich vermittelnd habe eingreifen wollen.
Im Fall der Trunkenheitsfahrt einer 40-jährigen Espelkamperin - sie war von der Polizei, die durch eine Zeugin gerufen wurde, mit 2,06 Promille Alkohol am Steuer ihres im Straßengraben liegenden Autos aufgefunden worden - erhärtete sich der Verdacht, dass der Anwalt sie zu Gesprächen mit der Zeugin animiert habe. Die Frau, die inzwischen rechtskräftig für ihre Trunkenheitsfahrt verurteilt wurde, sagte aus, dass sie von ihrem Anwalt die Telefonnummer der Zeugin erhalten habe. Dieser habe ihr geraten, sich »im eigenen Interesse« telefonisch mit der Zeugin in Verbindung zu setzen. Was genau der Anwalt ihr zu diesem Zeitpunkt geraten hatte, blieb unklar. Die 40-Jährige machte allerdings deutlich, dass die Initiative zur Kontaktaufnahme mit der Zeugin vom beschuldigten Anwalt ausgegangen sei.
Die Zeugin, die die Frau in ihrem im Graben liegenden Auto aufgefunden hatte, berichtete von zwei Telefonaten, in denen sie von der 40-Jährigen dazu aufgefordert worden sei, ihre Aussage noch einmal zu überdenken. Der Ehemann der Zeugin, ein Polizist, habe sie jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass sie sich strafbar machen könnte.
Das Gericht befand: »Der Tatvorwurf präsentiert sich zumindest deutlich geringer als nach Aktenlage.« Dies und mögliche berufliche Konsequenzen für den Anwalt hätten dazu bewogen, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße einzustellen. Die Richterin: »Der Anwalt hat eine nicht so ganz glückliche Hand gezeigt.«

Artikel vom 28.09.2005