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Votum für »Die Neunte«

Ausstellung eröffnet das Jubiläumsjahr der Oetkerhalle

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Am 31. Oktober 1930 begann das Festkonzert des »verstärkten Städtischen Orchesters«. Unter Leitung von Intendant Max Cahnbley erklangen unter anderem die Erste Sinfonie in c-Moll von Johannes Brahms und die Dritte Leonoren-Ouvertüre von Ludwig van Beethoven. Oberbürgermeister Dr. Rudolf Stapenhorst hielt eine Ansprache. So wurde die Rudolf-Oetker-Halle vor 75 Jahren feierlich eingeweiht.

Das Kulturamt möchte mit einer kleinen Ausstellungsreihe an das Jubiläum des Konzerthauses erinnern. Die erste Ausstellung wird am 2. November im Alten Rathaus eröffnet. Andreas Hansen, der »seit einem Jahr immer wieder recherchiert« hat, widmet diese Ausstellung mit dem Titel »Die Neunte« Planungs- und Bauphase. »Die Neunte«, das war das Kennwort des Entwurfes des Düsseldorfer Architektenteams Hans Tietmann und Kurt Haake. 113 Entwürfe waren insgesamt eingegangen, acht davon kamen in die engere Auswahl, nach zweitägiger Sitzung entschied sich das Preisgericht schließlich. In der Beurteilung für den Siegerentwurf heißt es: »Die Stellung des Baukörpers fügt sich in selbstverständlicher Weise ins Gelände ein und schafft genügend Raum für die Anfahrtsverhältnisse. Der Grundriss ist klar entwickelt und entspricht allen wesentlichen Anforderungen.«
Der Wettbewerb sei gut dokumentiert, freut sich Andreas Hansen: So widmete die Publikation »Bauwettbewerbe«, die in Karlruhe erschienen ist, ein komplettes Heft dem Wettbewerb.
Insgesamt allerdings gebe es über ein so bedeutendes Konzerthaus, dessen Akustik als legendär gilt, selbst in den Unterlagen des Stadtarchivs vergleichsweise wenig Material. Umso mehr freut er sich, dass ihm der Zufall in die Hände gespielt hat. Beim Umbau der Oetkerhalle in eine Spielstätte für das Musiktheater für die Dauer von zwei Jahren habe man hinter einem Schrank einen Umschlag mit alten Fotografien entdeckt. Und in der Repro-Abteilung im Rathaus fand sich ein Karton mit Negativen auf Glasplatten, die die Oetkerhalle während der Bauphase zeigen.
Die Rudolf-Oetker-Halle ist eine Stiftung der Familie Oetker. Ihren Namen trägt sie zum Gedenken an den im Ersten Weltkrieg, am 8. März 1916 gefallenen Sohn des Firmengründers und seiner ebenfalls ums Leben gekommenen Kameraden. Dr. Rudolf Oetker war musikbegeistert, hatte Klavier- und Orgelunterricht und gehörte dem Gymnasial-Gesangsverein an. Er hatte sich schon in seiner Jugend vorgenommen, später dafür zu sorgen, dass seine Heimatstadt eine »vernünftige Konzerthalle« bekomme.
Andreas Hansen plant, in einer weiteren Ausstellung die 75 Jahre der Konzerthalle zu dokumentieren: »Dann möchte ich das Thema mit Leben füllen.« Die Ausstellung »Die Neunte« soll Bielefelder dazu anregen, in eigenen Beständen nach Material über die Oetkerhalle zu forschen: nach Programmheften, Eintrittskarten, Fotografien, aber auch Geschichten. Gefunden hat Hansen bereits einen Musikliebhaber, der sämtliche Tonaufnahmen gesammelt hat, die jemals in der Oetkerhalle gemacht worden sind. Hansen: »Das sind Hunderte, darunter alte Vinyl-Schallplatten.« Interessiert ist er auch an den Begebenheiten aus den Jahren, als in der Oetkerhalle nicht nur Klassik gespielt wurden, sondern auch Schlagerstars auftraten, Rockmusiker oder Volksmusikanten. Hansen: »Als es die Stadthalle noch nicht gab.« So soll zum Beispiel Udo Lindenberg Hausverbot bekommen haben.

Artikel vom 24.09.2005