20.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Höxter: Mann jagt Haus
in die Luft - zwei Tote

36 Menschen verletzt -ÊErbstreit offensichtlich das Tatmotiv -ÊDruckwelle erschüttert gesamte Altstadt

Von Frank Spiegel
Höxter (WB). Schweres Explosionsunglück gestern Morgen mitten in der Höxteraner Altstadt: Weil er sich mit seinem Bruder über das Wohn- und Geschäftshaus »Am Markt 11« in Höxter gestritten hatte, soll der 64-jährige Günther H. das Gebäude in die Luft gesprengt haben. Zwei Passanten (79 und 81 Jahre) wurden getötet, die Leiche von Günther H. wird in den Trümmern des Hauses vermutet.
Im Schatten der evangelischen Kilianikirche zerstörte gestern um 9.16 Uhr eine gewaltige Explosion das Gebäude am Markt 11 (Foto, oben). Das gewohnte Bild der Häuserfassaden (Foto, unten) gehört der Vergangenheit an. Fotos: Harald Iding / Norbert Bornemann

»Da war eine Explosion, und dann war das Haus schon nicht mehr da«, schilderte ein Augenzeuge dem WESTFALEN-BLATT gestern das Unglück, das sich um 9.16 Uhr ereignete. Glas, Steine und Möbelteile wurden zu Geschossen, verletzten 36 Menschen, die sich in der Nähe befanden. Eine enorme Druckwelle ließ Scheiben im Umkreis von mehreren hundert Metern zerbersten.
Wie Staatsanwalt Dietmar Sauerland berichtete, habe Günther H. auf dem Balkon des Hauses gestanden, das seinem Bruder und ihm gehörte. Von dort aus habe er Flaschen mit einer brennbaren Flüssigkeit in den Innenhof geworfen. »Es könnte sich um Benzin gehandelt haben.« Eine Nachbarin habe H. aufgefordert, er solle das lassen. Der Mann habe daraufhin eine Flasche in ihre Richtung geschleudert. Die Frau habe die Polizei verständigt. Der Staatsanwalt: »Noch während des Telefonates kam es zur Explosion.«
Ob sich hier - wie zunächst vermutet -ÊGas entzündet hat oder ein Benzin-Luft-Gemisch explodiert ist, untersucht derzeit die Tatortgruppe des Landeskriminalamtes.
Wenige Augenblicke nach der Katastrophe waren 150 Feuerwehrkräfte, 40 Rettungsdienst-Mitarbeiter, elf Notärzte und 100 Polizisten aus dem Raum Höxter vor Ort. Unterstützt wurden die Einsatzkräfte später von einer Einsatz-Hundertschaft aus Bielefeld, einer Johanniter-Rettungshundestaffel aus dem benachbarten Holzminden, 80 Angehörigen des in Höxter stationierten ABC-Abwehrbataillons, das auch einen Sanitätszug stellte sowie acht Notfallseelsorgern. Das Technische Hilfswerk stützte zudem die stark in Mitleidenschaft gezogenen Nachbarhäuser ab, so dass die Rettungskräfte nach Überlebenden in den Trümmern des explodierten Gebäudes suchen konnten.
Bis zum Abend bargen sie aber nur die Leichen des 79-jährigen Mannes und der 81-jährigen Frau. Sie wurden gegen die Außenwand des gegenüberliegenden Hauses geschleudert.
Bis in die einige hundert Meter entfernte Marktstraße hinein reichte die Druckwelle der Explosion. Zahlreiche Fensterscheiben gingen zu Bruch, Nachbargebäude wurden erheblich beschädigt. Die Polizei sperrte das Gebiet um den Ort der Katastrophe weiträumig ab. »Die Eigentümer müssen in Ruhe die Möglichkeit bekommen, ihr Hab und Gut zu schützen«, sagte Polizeidirektor Udo Möller, Leiter Gefahrenabwehr und Strafverfolgung bei der Kreispolizeibehörde in Höxter.

Artikel vom 20.09.2005