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Ekelforscher und Panikberater

Literaturtage bieten Programm voller Skurrilitäten und mit Anspruch


Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). 1222 Besucher wurden im vergangenen Jahr bei den Literaturtagen der Stadtbibliothek gezählt. In diesem Jubiläumsjahr - die Stadtbibliothek wird 100 - sollen es mindestens wieder so viele werden. Inklusive der Veranstaltungen zum »runden Geburtstag« gibt es 13 Lesungen im weiteren Sinne mit 30 Beteiligten - nicht nur Autoren, sondern auch Musikern, Schauspielern, Übersetzern, Laudatoren.
Die Autoren stammen aus Ungarn, Korea, Schweiz, Griechenland, Polen und Deutschland. Das Schwergewicht liegt auf der erzählenden Literatur, dem Roman.
Bibliotheksleiter Harald Pilzer schwärmt für den Roman »Alle Tage« von Terézia Mora (10. Oktober), sein Stellvertreter Klaus-Georg Loest hat »Nachtzug nach Lissabon« von Pascal Mercier zu seinem persönlichen »Lieblingsbuch des Jahres« erklärt: »Man kann es einfach nicht aus der Hand legen.« Mercier, der eigentlich Peter Bieri heißt und auch schon an der Universität Bielefeld Philosophie gelehrt hat, kommt am 15. Oktober nach Bielefeld.
Auch weil in diesem Jahr Korea Gastland auf der Frankfurter Buchmesse ist, präsentiert die Bielefelder Stadtbibliothek neue koreanische Literatur mit »Vermutungen über das Labyrinth« von Lee Sung-U und »Ein Rudel schwarzer Wölfe« von Bae Su-Ah (17. Oktober). Rufus Beck, Deutschlands bekanntester Hörbuchsprecher (»Harry Potter«, »Tabaluga«), präsentiert am 22. Oktober das Buch »Supergute Tage« von Marc Haddon, das in Großbritannien bereits Kultstatus genießt. »Die Liebe der Matrosen« hat Annette Mingels ihren Roman genannt, in dem sie aus unterschiedlichen Perspektiven Lebens- und Liebesgeschichten erzählt (23. Oktober). Nach der weiblichen Sicht auf die Liebe folgt am 26. Oktober Wilhelm Genazino mit der männlichen, durchaus skurrilen Sicht. Er liest aus seinem Bestseller »Die Liebesblödigkeit«, in dem es nicht nur um eine Ménage à trois geht, sondern auch um merkwürdige Akteure wie einen Ekelforscher, einen Empörtenbeauftragten und einen Panikberater. Ingo Schulze, hochgelobt für seinen »Klassiker der Gegenwartsliteratur«, die »Simple Stories«, stellt am 27. Oktober seinen noch nicht erschienenen Roman »Neue Leben« vor.
Am 28. Oktober von 20 Uhr bis Mitternacht findet die Autoren-Nacht »Zeitläufe« statt - im Rahmen der 1. langen Nacht der Bibliotheken in NRW. Unter dem Motto »Bibliotheken bringen Licht ins Dunkel« beteiligen sich 150 öffentliche Büchereien. In Bielefeld gibt es ein Programm mit Lesungen, Musik und Taschenlampen-Führungen ins Buchmagazin mit seinen 177 000 Bänden.
Am 31. Oktober kommen die Krimifreunde zu ihrem Recht: Dann liest (in der Stadtteilbibliothek Dornberg) der griechische Autor Petros Markaris aus »Balkan Blues« - ein neuer Band mit Kommissar Charitos, der in Athen ermittelt. Die Literaturtage gehen mit einem Thomas-Mann-Abend zu Ende. Pawel Huelle stellt »Castrop« vor - die (erdachte) Vorgeschichte von Manns Romanheld Hans Castorp. Das Buch spielt 1905 - im Geburtsjahr der Bibliothek.

Artikel vom 10.09.2005