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Fischer wettet nicht mit Lafontaine

Um Sachlichkeit bemüht - Der vermutete Schlagabtausch blieb aus

Von Kristina Dunz
Berlin (dpa). Die Maßeinheit für die Entfernung zwischen Oskar Lafontaine und seiner Wähler-Klientel, den sozial Schwachen, könnte künftig mit einer Kiste Champagner angegeben werden.

Um diese Menge edlen Tropfens wollte der Linksbündnis-Spitzenkandidat im Fernsehen mit Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) zur Klärung einer Streitfrage aus ihrer gemeinsamen Regierungszeit von 1998/99 wetten. Fischer hielt dem damaligen Bundesfinanzminister Lafontaine aber nicht die Hand, sondern nur nüchtern die Bemerkung entgegen, Grüne wetteten höchstens um Bier. Seine Botschaft: Lafontaine sei ein Luxuslinker, der nicht für Benachteiligte, sondern in Wahrheit aus persönlichen Motiven gegen die rot-grüne Regierung kämpfe.
Lafontaine konterte erneut, SPD und Grüne hätten sich selbst ins Abseits manövriert. Allerdings pflichtete er Fischer auffallend bei, wenn es etwa um das Renteneintrittsalter oder Verbesserungen von Hartz IV ging. Insgesamt bemühten sich Lafontaine, Fischer und der Dritte im Bunde, FDP-Chef Guido Westerwelle, in dieser ZDF-Sendung mit Moderatorin Maybrit Illner um Sachlichkeit. Der vermutete Schlagabtausch blieb aus.
Lafontaine wirkte zeitweise abwesend. Westerwelle suchte nicht den Kontakt zu seinem Widersacher Fischer, sondern, wie er sagte, zu den Zuschauern. Und Fischer brachte seine Kritik an beiden vornehmlich durch tiefe Stirnfalten und sehr klein werdende Augen zum Ausdruck.
Fischer ist das einzige Regierungsmitglied, das sich einer Konfrontation mit Lafontaine, der 1999 unvermittelt als Finanzminister und SPD-Chef zurückgetreten war, gestellt hat.
Nur einmal warf der Grünen-Politiker mit sehr gemäßigten Worten Lafontaine eine »nicht ausreichend engagierte« Steuerpolitik in seiner kurzen Zeit als Finanzminister vor. »Schockiert« und »erschüttert« zeigte er sich hingegen über Lafontaines Beschreibung von »Fremdarbeitern« und »Schandgesetzen« aus diesem Sommer.
Auf Illners vorherige Frage an Lafontaine, ob er von seinen Äußerungen etwas zurücknehmen wolle, erklärte dieser: »Wenn der Eindruck entstanden ist, ich hätte etwas gegen diese Arbeitnehmer sagen wollen, dann war es ein falscher Eindruck. Das nehme ich dann zurück.« Nach Bedauern klang das nicht.

Artikel vom 10.09.2005