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NRW erschwert Windrad-Bau

Einschränkungen bei Genehmigungsverfahren - Neue Kraftwerkstechnologie

Düsseldorf (dpa). Gut zwei Monate nach Ablösung der rot-grünen Landesregierung wird der Neubau von Windrädern in Nordrhein- Westfalen erschwert.

Das Düsseldorfer Kabinett verabschiedete gestern einen Erlass, der zahlreiche Einschränkungen bei den Genehmigungsverfahren für Windräder vorsieht. Demnach können die Kommunen künftig 1500 Meter Abstand zwischen Windanlagen und Wohngebieten verlangen. Windräder in Wäldern werden verboten. Außerdem werden Finanzierungsauflagen für den Abbau veralteter Räder fixiert. Der Erlass soll voraussichtlich im Oktober in Kraft treten.
Die Nutzung der Windenergie werde in NRW nicht mehr unbegrenzt möglich sein, betonte Bauminister Oliver Wittke (CDU). Dazu will die schwarz-gelbe Landesregierung auch die Finanzierung der Windkraft kappen. Schnellstmöglich werde eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, »um die Überförderung der Windenergie zu stoppen«, kündigte NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) an.
Zugleich setze die Landesregierung sehr wohl auf erneuerbare Energien, wenn und so weit sie gute industriepolitische Chancen haben und in technisch realistischen Projekten verwirklicht werden können. »Wir wollen sie dann fördern, wenn Wirtschaftlichkeit in überschaubarer Zeit zu erreichen ist«, sagte Thoben.
Dagegen warf der Vizefraktionschef der Grünen, Reiner Priggen, Wittke erneut vor, einen »Kreuzzug gegen die Windkraft« zu führen. Der Bundesverband Windenergie kritisierte den Erlass und warnte vor Arbeitsplatzverlusten in NRW. »Das kann viele Arbeitsplätze in NRW kosten«, warnte der Präsident des Verbands, Peter Ahmels. Etwa 10 000 der 62 000 Beschäftigten in der deutschen Windenergie-Branche arbeiten in NRW.
Künftig könnten in vielen Fällen nicht einmal mehr alte Anlagen durch moderne ersetzt werden, kritisierte Ahmels. »Damit zementiert NRW den bisherigen Zustand und verbaut sich selbst die Chance, viele bestehende Windparks auszudünnen.«
Von Nordrhein-Westfalen soll ein neuer Entwicklungssprung in der weltweiten Kraftwerkstechnologie ausgehen. Im Gelsenkirchener Steinkohlekraftwerk Scholven werden seit einigen Wochen in einem europäischen Projektverbund Technologien getestet, um die Wirkungsgrade neuer Kraftwerke auf mehr als 50 Prozent zu bringen. Auch die neue Landesregierung werde die Entwicklung moderner, sauberer Kohle-Technologien unterstützen, sagte Thoben.
Gemeinsam mit dem internationalen Kraftwerksverband VGB PowerTech stellte Christa Thoben auch das Kraftwerkserneuerungsprogramm für NRW vor. Bis 2012 sollen dafür mehr als fünf Milliarden Euro investiert werden. In der Errichtungsphase sichere das Programm etwa 7000 Arbeitsplätze, sagte Thoben. Mit der neuen Kraftwerksgeneration könne Nordrhein-Westfalen außerdem seine Spitzenposition auf dem Weltmarkt für Kraftwerkstechnologie ausbauen.
Auch der VGB-Vorsitzende Gerd Jäger unterstrich das Wachstumspotenzial der Branche, die nach Angaben des Verbands 120 000 Beschäftigten bundesweit Arbeit bietet. Allein in der EU müssten bis 2020 jährlich etwa 20 Großkraftwerke gebaut werden, um veraltete Technik zu ersetzen.
Je höher der Wirkungsgrad der Kohlekraftwerke, desto niedriger ist die Belastung der Umwelt mit Kohlendioxid. Bis zum Jahr 2020 will die Energiebranche ein kohlendioxidfreies Kraftwerk verwirklichen. Ein Meilenstein auf dem Weg dorthin soll eine Anlage sein, die bis zum Jahr 2009 in Gelsenkirchen getestet wird. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 07.09.2005