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»Wir haben Kirchhofs Liste nicht«

Weiter Kritik an den Steuerplänen des Finanzexperten der Union


Berlin (dpa). Die Liste des Unions-Finanzexperten Paul Kirchhof mit angeblich mehr als 400 zu streichenden Steuervergünstigungen wird nach Medienberichten von der CDU bis nach der Wahl unter Verschluss gehalten. Die Partei verpflichtete den als Finanzminister vorgesehenen Ex-Verfassungsrichter laut »Spiegel« zum Stillhalten, weil sie eine »Wutwelle« befürchte. Kanzler Gerhard Schröder und sein Finanzminister Hans Eichel wiesen Kirchhofs Einheitssteuersatz erneut als ungerecht zurück.
Dem Magazin zufolge heißt es in der CDU-Zentrale in Berlin: »Die Liste liegt vor, bleibt aber vorerst unter Verschluss.« Dem widersprach jedoch gestern ein CDU-Sprecher: »Wir haben die Liste nicht.«
Eichel bezeichnete Kirchhofs Pläne als eine Luftbuchung. Auch sei die Behauptung der Unions- Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) Unsinn, Reiche in Deutschland wichen der Steuer aus. Schröder beklagte, Kirchhofs Konzept widerspreche jedem Gerechtigkeitsempfinden. »So viele Ausweichmöglichkeiten und Steuerschlupflöcher, wie Merkel und Kirchhof behaupten, gibt es gar nicht mehr«, sagte Eichel. 1999 seien mehr als 70 Steuervergünstigungen abgeschafft worden.
Unterstützt wird Eichel in seiner Einschätzung vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). »Nach unseren Analysen werden die Reichsten am stärksten entlastet«, sagte der DIW-Steuerexperte Stefan Bach. Zum gleichen Ergebnis seien die Steuerexperten der Datev in ihren Musterrechnungen gekommen. Der Bremer Ökonom Rudolf Hickel sagte: »Das Ergebnis ist Ungerechtigkeit bei der Verteilung von Steuerlasten.«
Der Deutsche Steuerberaterverband betonte, grundsätzlich hinter Kirchhofs Plänen zu stehen. »Es ist Kirchhofs Verdienst, dass er die Notwendigkeit einer großen Steuerreform wieder in das Rampenlicht gerückt hat«, sagte DStV-Experte Norman Peters.

Artikel vom 05.09.2005