03.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

TV-Duell am Sonntag
eröffnet Wahl-Endspurt

Merkel und Schröder bereiten sich intensiv vor

Von Markus Krah
Berlin (Reuters). Sonntagabend 20.30 Uhr: Das mit Spannung erwartete TV-Duell spitzt den Bundestags-Wahlkampf auf die Kandidaten Gerhard Schröder und Angela Merkel zu und eröffnet den zweiwöchigen Endspurt bis zur Entscheidung am 18. September.

Der Streit im Vorfeld um die Zahl der Duelle hat die Aufmerksamkeit für das erste direkte Zusammentreffen der beiden Politiker weiter erhöht. Dahinter steht die Frage, ob der 90-minütige Schlagabtausch, für den 15 Millionen Zuschauer erwartet werden, Bewegung in die Umfragen bringt, die die Union seit Wochen stabil vor der SPD sehen und ihr mit der FDP eine Mehrheit voraussagen.
Schröders Vorstellung in einem Duell im Jahr 2002 gegen den damaligen Herausforderer Edmund Stoiber trug Experten und Umfragen zufolge zum Aufholprozess der SPD bei, an dessen Ende ein Wahlsieg stand. SPD und Union setzen darauf, dass im Duell die Stärken ihrer jeweiligen Kandidaten zum Tragen kommen und ihnen Zustimmung bringen.
So hofft die SPD, dass Schröders Medientalent ihr helfen, ähnlich wie 2002 gegen Stoiber. Das Verhalten Merkels und der CDU bei den Verhandlungen über das Duell schienen von derselben Wahrnehmung geprägt. Die CDU lehnte ein von Schröder vorgeschlagenes zweites Duell ab. Damit bot sie der SPD eine Steilvorlage für den Vorwurf, sie scheue die Auseinandersetzung mit dem telegenen Kanzler.
Experten interpretieren die Konstellation jedoch anders. »Schröder ist in einer viel schwierigeren Situation als 2002«, sagte der Chef des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid, Klaus-Peter Schöppner. »Die Bevölkerung macht sich große Sorgen über innenpolitische Themen wie die Arbeitslosigkeit«, so dass mediales und rhetorisches Geschick weniger Bedeutung hätten.
Zudem könnte Merkel von den geringen Erwartungen profitieren: Laut ZDF-Politbarometer rechnen 48 Prozent damit, dass sich Schröder besser schlagen werde als sie. So könnte sie schon positive Effekte verbuchen, wenn sie dem medienerfahrenen Kanzler Paroli bietet und ein Unentschieden erreichen kann. Umgekehrt könnte ihr oft als spröde bezeichnetes Auftreten sogar zugute kommen. »Ich glaube, Merkel kann ihre Schwäche in eine Stärke verwandeln«, meint Richard Schütze von der Medienberatung IPSE. Zu ihrem eher analytischen Stil sagte er: »Das könnte das sein, was die Menschen jetzt wollen«, anstelle von Schröders glattem Auftreten.
Für die SPD dürfte das Duell eine der letzten Chancen sein, ihre Lage zu verbessern.
Bis zum Sonntagabend wollen sich beide Kandidaten intensiv auf das Zusammentreffen vorbereiten. »Der Bundeskanzler wird sich in aller Ruhe und mit dem Rückhalt der Familie mit den Akten und Unterlagen vertraut machen«, sagte Regierungssprecher Thomas Steg. Auch Merkel sagte: »Ich bereite mich ordentlich vor.« Sie studiere ihre Akten und überlege sich ihre Argumente. Wie konkret sie sich auch auf die Situation des direkten Aufeinandertreffens unter Leitung von vier fragenden Moderatoren vorbereiten, lassen Schröder und Merkel offen.

Artikel vom 03.09.2005